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Die Gottheit

Von

Als einst dem Chaos werdender Gestalten,
Sich auch der Mann mit stolzer Form entzogen,
Der Gottheit Bilder noch auf heil’gen Wogen,
Mit reinen Strahlen in dem Reinen wallten.

Da fühlt er schnell die heil’ge Glut erkalten,
Das Bild der Göttlichkeit ist ihm entflogen;
Zum Tier fühlt er sich schnell herabgezogen,
Und ringt mit ihm um herrschende Gewalten.

Bald ward das Weib – es führt der Seraph Liebe,
Sie dem Gesunknen zu – und sanfte Triebe
Umschlingen ihn mit himmlischem Gefieder.

Als liebend er der Liebe sich ergeben,
Sieht er die Schönheit jeder Form entschweben;
Und nur in ihr find’t er die Gottheit wieder!

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Gedicht: Die Gottheit von Sophie Friederike Brentano

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Gottheit“ von Sophie Friederike Brentano ist eine allegorische Erzählung über den Verlust und die Wiedererlangung der göttlichen Natur des Menschen, wobei die weibliche Liebe eine zentrale Rolle spielt. Der erste Teil des Gedichts beschreibt den Zustand des Menschen vor seinem Fall, als er noch „mit reinen Strahlen in dem Reinen wallten“. Hier wird eine idealisierte, fast paradiesische Existenz suggeriert, in der der Mensch noch im Einklang mit der göttlichen Ordnung lebt. Der „Mann“ verkörpert in dieser Phase die reine Form, die noch nicht von weltlichen Begierden und Leidenschaften befleckt ist.

Der zweite Teil des Gedichts beschreibt den Fall des Mannes, der durch das Erkalten der „heil’gen Glut“ gekennzeichnet ist. Die Abwesenheit des Göttlichen führt zu einer Entfremdung von der ursprünglichen Reinheit. Der Mensch fühlt sich „zum Tier herabgezogen“ und kämpft um „herrschende Gewalten“. Dieser Absturz symbolisiert den Verlust der spirituellen Verbindung und den Eintritt in eine von egoistischen Motiven geprägte Welt. Der Mann wird zum Gefangenen seiner eigenen animalischen Triebe, was das Scheitern der reinen Form und des ursprünglichen Ideals verdeutlicht.

Die Wendung kommt mit dem Erscheinen des „Weibs“, das durch die „Seraph Liebe“ geführt wird. Die Frau verkörpert hier die erlösende Kraft der Liebe, die den gefallenen Mann mit „himmlischem Gefieder“ umschlingt. Die Liebe wird als ein sanfter Trost und eine Quelle der Erneuerung dargestellt, die den Mann aus seiner tierischen Existenz befreit. Indem der Mann sich der Liebe „ergibt“, erfährt er eine Transfiguration.

Im letzten Vers findet der Mann durch die Liebe die „Gottheit wieder“. Die Schönheit der Formen „entschwebt“, was impliziert, dass die äußere Erscheinung an Bedeutung verliert und die wahre, innere Schönheit, die in der Liebe manifestiert wird, in den Vordergrund tritt. Die Liebe wird so zum Medium der Erleuchtung und zur Quelle der Wiederherstellung des Göttlichen im Menschen. Das Gedicht suggeriert, dass die Liebe, insbesondere die weibliche Liebe, der Weg zur spirituellen Erlösung und zur Rückkehr zur ursprünglichen Reinheit ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.