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Die geneigten Krüge

Von

Nun wir bebend die geneigten Krüge  Jäh beglückter Leidenschaften sehn,  Wie nun wild und wehmutsvoll die Flüge  Einer Frage durch die Stunden wehn:
»War dies süßer nicht, als wir noch gingen  Reiner Sehnsucht priesterlich geweiht  Und das Dunkle in den vielen Dingen  Die Verheißung schien der letzten Lieblichkeit,
Da uns, nur den Fernen hingegeben  Traum ein wundersames Leben ward,  Dem der Seelen schwisterliches Schweben  Sich in reinem Sternenflug gepaart,
Da wir träumten wie durch weiße Gärten,  Deren Tempeltüren keiner fand  Und noch nicht dies arme Glück begehrten,  Das zerfließt in unsrer heißen Hand?«
War dies süßer nicht? … Durch Liebeslüge  Fühlen wir die Frage schmerzlich wehn,  Nun wir bebend die geneigten Krüge  Unsrer jungen Leidenschaften sehn …

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Gedicht: Die geneigten Krüge von Stefan Zweig

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die geneigten Krüge“ von Stefan Zweig thematisiert eine Reflexion über die Natur der Leidenschaft und die Vergänglichkeit des Glücks. Es beginnt mit einer Beschreibung des gegenwärtigen Zustands, der durch „geneigte Krüge“ und „wild und wehmutsvoll“ wehende Fragen charakterisiert wird. Diese Bilder deuten auf eine Situation der erfüllten, aber auch bereits brüchigen Liebe hin. Der Dichter blickt zurück auf eine frühere, unberührte Zeit der Sehnsucht und der Verheißung, in der die Liebe noch ein reiner Traum war, entfernt und unerreichbar.

Der zweite Teil des Gedichts widmet sich der Vergangenheit, einer Zeit der „reinen Sehnsucht“ und des „priesterlichen“ Wunsches. Diese Phase wird als idealisiert dargestellt, in der die Liebe durch eine ferne, traumhafte Qualität gekennzeichnet war. Das „Dunkle in den vielen Dingen“ wird als Verheißung interpretiert, die die Vorfreude und die Hoffnung auf die letztendliche Erfüllung verstärkt. Die Metaphern von weißen Gärten und Tempeltüren, die keiner fand, evozieren eine Welt der Unberührtheit und des Mysteriums, in der die Liebe frei von den Zwängen der Realität existiert.

Die zentrale Frage „War dies süßer nicht?“ durchzieht das Gedicht wie ein Leitmotiv und unterstreicht die Sehnsucht nach dem verlorenen Zustand. Sie drückt den Kontrast zwischen der unschuldigen Sehnsucht der Vergangenheit und der Erfahrung der Gegenwart aus, die durch „Liebeslüge“ und die „heiße Hand“ des gegenwärtigen Glücks geprägt ist. Das Gedicht deutet an, dass die Erfüllung der Leidenschaft nicht unbedingt zur Zufriedenheit führt, sondern möglicherweise mit Verlust und Schmerz verbunden ist.

Der Einsatz von sprachlichen Mitteln wie Wiederholungen, beispielsweise des Satzes „War dies süßer nicht?“, und die Wahl von Bildern, die sowohl Schönheit als auch Vergänglichkeit implizieren (geneigte Krüge), tragen zur Verstärkung der zentralen Thematik bei. Das Gedicht reflektiert über die Dialektik von Sehnsucht und Erfüllung, die Sehnsucht nach dem Unbekannten und die Ernüchterung des Bekannten. Es ist eine elegische Betrachtung über die Komplexität der menschlichen Emotionen und die unaufhaltsame Veränderung der Zeit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.