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Dich hat der abgewichne Tag…

Von

Dich hat der abgewichne Tag
Gesteh es nur! gar nicht geschmerzt,
Dieweilen du die Zieglerin geherzt.
Ich will dir zwar dieß Glücke gönnen;
Doch hast du mir nicht wehren können,
Wenn ich an gleiche Lust gedacht,
Und damit einen Theil vom Tage zugebracht.
Ich habe, welches dich vexirt,
Des Gottscheds Zärtlichkeit verspührt.

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Gedicht: Dich hat der abgewichne Tag... von Sidonia Hedwig Zäunemann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Dich hat der abgewichne Tag…“ von Sidonia Hedwig Zäunemann ist eine spöttische Auseinandersetzung mit dem Liebesspiel und der Eifersucht, die in der literarischen Szene des 18. Jahrhunderts offenbar eine Rolle spielten. Es ist eine ironische Reaktion auf die Untreue des Geliebten und ein Ausdruck der Selbstbehauptung der Dichterin. Die Sprache ist gehoben und verwendet Begriffe, die für die Zeit typisch sind, was dem Gedicht einen leicht gespreizten, aber humorvollen Charakter verleiht.

Der erste Teil des Gedichts, in dem die Zeilen „Dich hat der abgewichne Tag / Gesteh es nur! gar nicht geschmerzt, / Dieweilen du die Zieglerin geherzt.“ stehen, deutet auf eine Affäre oder zumindest auf ein Flirtverhalten des Adressaten hin. Die Formulierung „abgewichne Tag“ könnte dabei auf die Vergnügungen des Tages anspielen, die den Geliebten scheinbar nicht belastet haben, da er sich der „Zieglerin“ zuwandte. Der ironische Unterton wird durch das Eingeständnis „Gesteh es nur!“ und die gönnerhafte Haltung, die durch „Ich will dir zwar dieß Glücke gönnen“ ausgedrückt wird, noch verstärkt.

Im zweiten Teil kippt die Stimmung von gönnerhafter Akzeptanz in einen Akt der Selbstbehauptung und möglichen Rache. Die Zeilen „Doch hast du mir nicht wehren können, / Wenn ich an gleiche Lust gedacht, / Und damit einen Theil vom Tage zugebracht.“ lassen eine klare Gegenreaktion erkennen. Die Autorin gibt zu verstehen, dass sie sich ebenfalls Vergnügungen hingab oder zumindest mit derartigen Gedanken spielte. Die Erwähnung „Des Gottscheds Zärtlichkeit“ im abschließenden Vers deutet auf einen literarischen Bezug hin und könnte als weitere Provokation oder Anspielung auf eine andere Affäre verstanden werden.

Insgesamt ist das Gedicht ein feiner Ausdruck weiblicher Selbstbehauptung und eine subtile, aber wirkungsvolle Reaktion auf Untreue und Eifersucht. Zäunemann nutzt die Sprache ihrer Zeit, um die Unzulänglichkeiten des Geliebten humorvoll zu kommentieren und gleichzeitig ihre eigene Unabhängigkeit zu betonen. Die Erwähnung Gottscheds deutet auf eine Auseinandersetzung mit der literarischen Szene hin, was dem Gedicht eine zusätzliche Ebene der Ironie verleiht.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.