Verbotene Liebe
Die Nacht ist rau und einsam,
Die Bäume stehn entlaubt.
Es ruht an meiner Schulter
Dein kummerschweres Haupt.
Der Fuchs schnürt durch die Felder;
Wie ferne ist der Feind.
Gleichgültig glänzen Sterne;
Dein schönes Auge weint.
Du brichst ein dürres Ästlein,
Das ist so knospenleer,
Und reichst mir deine Hände –
Wir sahn uns nimmermehr.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Verbotene Liebe“ von Detlev von Liliencron beschreibt in wenigen, eindringlichen Versen eine Abschiedsszene zwischen zwei Liebenden, deren Beziehung offensichtlich keinen Bestand haben darf. In schlichter Sprache, aber mit großer emotionaler Dichte, wird ein Moment eingefrorener Trauer und stiller Verbundenheit dargestellt, eingebettet in eine kalte, trostlose Natur.
Die äußere Szenerie spiegelt dabei die innere Stimmung der Figuren. Die Nacht ist „rau und einsam“, die Bäume sind „entlaubt“ – eine Umgebung, die Leere, Kälte und Endgültigkeit suggeriert. Vor diesem Hintergrund wirkt das Bild des weinenden Hauptes auf der Schulter des lyrischen Ichs besonders intensiv. Die körperliche Nähe steht im Kontrast zur inneren Verzweiflung und zur Aussicht auf Trennung.
Die Naturbilder verstärken das Gefühl von Unverbundenheit und Ausgesetztheit: Ein Fuchs streift durch die Felder, die Sterne glänzen „gleichgültig“. Alles scheint entrückt, unbeteiligt am menschlichen Leid. Dass das „schöne Auge“ der Geliebten weint, bringt eine zarte, persönliche Note in diese Gleichgültigkeit der Welt – die Liebe existiert, aber sie ist machtlos gegen die Umstände.
Im Schlussvers kulminiert das Gedicht in der resignativen Erkenntnis: „Wir sahn uns nimmermehr.“ Der Moment, in dem ein „dürres Ästlein“ gebrochen und überreicht wird, erhält symbolischen Charakter – ein Liebespfand ohne Leben, ohne Zukunft, ganz wie die Beziehung selbst. Die Geste wirkt fast wie ein stiller Schwur oder ein stiller Abschied ohne Worte.
„Verbotene Liebe“ zeichnet sich durch seine Kürze, emotionale Schlichtheit und starke Bildhaftigkeit aus. Liliencron gelingt es, mit wenigen Mitteln eine ganze Geschichte von Verlust, Vergeblichkeit und flüchtiger Nähe zu erzählen – ein lyrisches Miniaturbild einer Liebe, die nicht sein darf.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.