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Der Donner

Von

Es donnert! – Freunde, laßt uns trinken!
Der Frevler und der Heuchler Heer
Mag knechtisch auf die Kniee sinken.
Es donnert! – Macht die Gläser leer!
Laßt Nüchterne, laßt Weiber zagen!
Zeus ist gerecht, er straft das Meer:
Sollt′ er in seinen Nektar schlagen?

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Gedicht: Der Donner von Gotthold Ephraim Lessing

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Donner“ von Gotthold Ephraim Lessing ist ein kurzer, dynamischer Aufruf zum Genuss und zur Freude, der sich im Angesicht eines Gewitters, eines Naturschauspiels von gewaltiger Stärke, erhebt. Es ist ein Gedicht, das die Freiheit und Ungebundenheit des Geistes feiert und sich von jeglicher Furcht oder Unterwerfung abwendet. Die wiederholte Aufforderung „Es donnert! – Macht die Gläser leer!“ ist der zentrale Leitgedanke, der die Botschaft des Gedichts prägt.

Die Verse sind von einer klaren Dichotomie geprägt: Auf der einen Seite stehen die „Frevler“ und „Heuchler“, die sich vor dem Donner fürchten und „knechtisch auf die Kniee sinken“. Dies sind die, die in Angst und Unterwürfigkeit leben, die sich dem konventionellen Gottesbild anpassen und sich durch Furcht leiten lassen. Auf der anderen Seite stehen die „Freunde“, die „trinken“ und die Bedrohung durch das Gewitter als Anlass für Freude und Ausgelassenheit nehmen. Diese Haltung zeugt von einem unerschütterlichen Geist, der die Naturgewalten als etwas Natürliches und Unvermeidliches akzeptiert und sich nicht davon einschüchtern lässt.

Die Sprache des Gedichts ist direkt und kraftvoll, frei von jeglicher Melancholie oder Zögerlichkeit. Die knappe, prägnante Form verleiht dem Text eine ungeheure Dynamik. Die Verwendung von Ausrufezeichen verstärkt den Appellcharakter und unterstreicht die Entschlossenheit des Sprechers. Das Gedicht ist eine Ode an die Freiheit und an das Leben selbst, ein Aufruf, die Momente der Freude zu nutzen, selbst wenn die Welt um einen herum von Unruhe und Angst geprägt ist. Der Schlusssatz „Sollt‘ er in seinen Nektar schlagen?“ hinterfragt die vermeintliche Gerechtigkeit Gottes, die hier ironisch in Frage gestellt wird.

Insgesamt ist „Der Donner“ ein kleines Meisterwerk, das in wenigen Zeilen eine große Bandbreite an Themen anschneidet. Es ist ein Aufruf zur Selbstbestimmung, zur Freude am Leben und zur Ablehnung von Angst und Unterwerfung. Lessing zeigt hier seine Haltung zur Aufklärung und zur Freiheit des Denkens. Das Gedicht ist ein Zeugnis des Optimismus und der Lebensbejahung, die aus dem Geist der Aufklärung entspringen und auch heute noch aktuell sind.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.