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Der böse Vogel

Von

Es kommt ein Storch geflogen,
Er fliegt wohl hin und her,
Er sucht sich eine Stelle,
Wo gut zu nisten wär.

Er fliegt wohl auf und nieder,
Er fliegt wohl ein und aus,
Und hebt wohl an zu bauen
Auf meines Liebchens Haus.

Ei, du schwarzweißer Vogel,
Ei, du schwarzweißes Tier,
Warum fliegst du nicht weiter,
Was baust du grade hier?

Ade, ihr Junggesellen
Bei Bier und Branntewein,
Es kam ein Storch geflogen,
Geschieden muß es sein.

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Gedicht: Der böse Vogel von Hermann Löns

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der böse Vogel“ von Hermann Löns ist eine bittersüße Betrachtung über das Ende einer Junggesellen-Gemeinschaft durch die Ankunft eines Storches, der traditionell als Symbol für neues Leben und Familiengründung steht. Es ist in einer einfachen, volksliedhaften Form gehalten, mit einer klaren Struktur und eingängigen Reimen, was die leicht verständliche Botschaft unterstreicht. Die Wiederholungen in den ersten Strophen betonen die Rastlosigkeit des Storches auf der Suche nach einem Nistplatz, was die bevorstehende Veränderung ankündigt.

Die eigentliche Tragik des Gedichts liegt in der Reaktion des lyrischen Ichs auf die Ankunft des Storches. Die Frage nach dem „Warum?“ verdeutlicht die Verzweiflung und den Widerstand gegen die unvermeidliche Veränderung. Das „Ei, du schwarzweißer Vogel“ ist dabei nicht nur eine Beschreibung, sondern auch ein Ausdruck von Unbehagen und vielleicht auch ein bisschen von Ärger über die Störung der bestehenden Ordnung. Der Storch wird als „böser Vogel“ bezeichnet, was die empfundene Bedrohung durch die kommende Veränderung hervorhebt.

Der entscheidende Moment des Abschieds von den Junggesellen spiegelt die tiefe Sehnsucht nach der unbeschwerten Vergangenheit wider. Der Hinweis auf „Bier und Branntewein“ deutet auf die gemeinsame Lebensweise der Junggesellen hin. Diese Lebensweise ist nun durch die Ankunft des Storches zum Scheitern verurteilt. Das Gedicht endet mit einem klaren, wenn auch wehmütigen Abschied, was die Akzeptanz der Veränderung, aber auch den Verlust der alten Lebensweise, unterstreicht.

Insgesamt ist das Gedicht eine melancholische Betrachtung über das Ende einer Lebensphase und den Beginn einer neuen. Es thematisiert die unausweichliche Veränderung durch Familiengründung und die damit verbundenen Gefühle von Verlust und Abschied, die mit einer leicht ironischen Note verarbeitet werden. Die Einfachheit der Sprache und die klaren Bilder machen das Gedicht zu einem berührenden Zeugnis menschlicher Erfahrung, das universell verständlich ist.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.