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Der Abend sinkt

Von

Ich sehne mich, am Schluß der Dissonanzen,
Die auch den sommerhellsten Tag verschneien,
Nach frohen Stunden endlich, bürdefreien,
Um hinter guten Wein mich zu verschanzen.

Nach Witz und freiem Wort, statt Schild und Lanzen,
Nach warmen Schüsseln, Firlefanzereien,
Nach schönen Frauen, Liedern und Schalmeien,
Nach Tänzerinnen, die Fandango tanzen.

Auf Polstern liegend mit dem Nargileh,
Vertreib ich, wie die Hummeln aus dem Klee,
Mit blauem Rauch die letzten Sorgensummer.

Im Garten draußen heult, ganz ohne Kummer,
Der Sturm und stemmt den ungeschlachten Nacken
An meine Klause, daß die Pfosten knacken.

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Gedicht: Der Abend sinkt von Detlev von Liliencron

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Abend sinkt“ von Detlev von Liliencron zeichnet ein Bild der Sehnsucht nach Ruhe und Genuss nach einem Tag der „Dissonanzen“, also der Unstimmigkeiten und Belastungen des Lebens. Der Dichter sehnt sich nach einer Flucht aus dem Alltag, nach Momenten der Freude und des Friedens, die er im Kontrast zum Außenwelt-Chaos sucht. Die ersten beiden Strophen listen die Dinge auf, die ihm Trost und Vergnügen versprechen: „frohe Stunden“, Wein, geistreiche Unterhaltung, gutes Essen, schöne Frauen und Musik – alles, was das Herz erfreuen kann.

Die zweite Hälfte des Gedichts stellt die ersehnte Ruhe in den Mittelpunkt. Der Dichter liegt auf „Polstern“ und genießt den „blauen Rauch“ einer Nargileh (Wasserpfeife), die seine Sorgen verfliegen lässt. Hier wird die innere Einkehr und die Abwendung von den Problemen des Tages betont. Gleichzeitig wird draußen im Garten der Sturm personifiziert, der tobt und an der „Klause“ des Dichters rüttelt. Dies verdeutlicht den Kontrast zwischen der behaglichen Innenwelt und der stürmischen, unberechenbaren Außenwelt, die von Sorgen und Belastungen geprägt ist.

Das Gedicht spielt mit Gegensätzen: Innen und Außen, Ruhe und Sturm, Freude und Sorgen. Der Dichter sucht die Geborgenheit, die ihm im Rückzug von der Außenwelt gewährt wird. Die bildhafte Sprache und die konkreten Bilder – der Wein, die Frauen, der blaue Rauch, der Sturm – schaffen eine lebendige Atmosphäre, die die Sehnsucht des Dichters nach Trost und Entspannung spürbar macht. Der Sturm am Ende, der an der „Klause“ des Dichters rüttelt, wird ohne Kummer betrachtet, als wäre er ein unwichtiger Teil der Außenwelt, während der Dichter in seinem kleinen Paradies verweilt.

Die Verwendung von Reimen und einem regelmäßigen Metrum (im Wesentlichen Jamben) unterstreicht die Harmonie und den Wunsch nach Ausgleich, den der Dichter zum Ausdruck bringt. Das Gedicht ist ein Bekenntnis zur Freude und zum Genuss, eine Ode an die Ruhe und die Geborgenheit, die man in Momenten des Rückzugs und der Muße finden kann. Es ist ein klassisches Beispiel für die Sehnsucht nach dem harmonischen und unbeschwerten Leben, die in vielen Gedichten der Jahrhundertwende zu finden ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.