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Das Münster, 1814

Von

An E.M. Arndt.

In Straßburg steht ein hoher Thurm,
Der steht viel hundert Jahr′,
Es weht um ihn so mancher Sturm,
Er bleibet fest und klar.

So war auch wol die fromme Welt,
Die solches Werk gedacht,
Zu dem sie von dem Sternenzelt
Den Abriß hergebracht.

Wie sich, ein ew′ges Heldenmal,
Das Gotteshaus erhebt,
Aus dem ein heller, schlanker Strahl,
Der Thurm gen Himmel strebt;

So war auch einst das deutsche Reich,
So war der deutsche Mann,
Auf starkem Grund, im Herzen reich,
Das Haupt zu Gott hinan.

Und wie den festen Bau umgibt
Die schöne Heil′genwelt,
So hatte Jeder, was er liebt′,
In ihren Schutz gestellt.

Wir wollen vor dem Altar noch
Ein fromm Gelübde thun,
Daß nimmermehr soll fremdes Joch
Auf deutschem Nacken ruhn.

Wir sprechen dort ein hohes Wort,
Ein brünstiges Gebet,
Daß Gott, der Deutschen starker Hort,
Verbleibe stet und stet;

Daß, wie der Thurm, der deutsche Sinn
Entwachse seiner Zeit,
Und nach dem Himmel strebe hin,
Wenn ihn die Welt bedräut.

Und ob wir wieder heimwärts gehn,
Wir wenden unsern Blick,
Und schauen nach des Vasgaus Höh′n,
Wie nach dem Thurm zurück.

Die Bundesfahn′ in Feindes Hand?
Der Thurm in welscher Macht?
O nein, sie sind vorausgesandt
Als kühne Vorderwacht.

Wir retten euch, wir haben′s Eil,
Vergaß euch doch kein Herz,
O Wolkensäul′, o Feuersäul′,
Schaut immer heimatwärts.

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Gedicht: Das Münster, 1814 von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das Münster, 1814“ von Max von Schenkendorf ist eine patriotische Hymne, die in der Zeit nach den Napoleonischen Kriegen verfasst wurde und die Bedeutung des deutschen Nationalstolzes und der Einheit hervorhebt. Es verwendet das Straßburger Münster als Metapher für das deutsche Volk und dessen Stärke, Beständigkeit und das Streben nach Erhabenheit. Die Widmung an Ernst Moritz Arndt, einen prominenten Vorkämpfer des deutschen Nationalgedankens, unterstreicht die politische Dimension des Gedichts und seine Absicht, die Ideale des Patriotismus und der nationalen Erneuerung zu befördern.

Das Gedicht entfaltet sich in einer Reihe von Strophen, die jeweils einen Aspekt des Münster-Vergleichs ausleuchten. Die ersten Strophen beschreiben die physische Erscheinung des Münsters, seine Standhaftigkeit und sein Streben zum Himmel, was auf die Tugenden des deutschen Volkes übertragen wird: Beständigkeit, Klarheit und das Ausrichten nach höheren Zielen. Die Analogie zwischen dem Münster und dem deutschen Reich wird durch die Verwendung von Bildern wie „hoher Thurm“ und „festem Bau“ verstärkt, die Stärke und Unverrückbarkeit symbolisieren. Die Erwähnung der „frommen Welt“, die das Münster schuf, deutet auf die tiefe Verwurzelung des deutschen Volkes in Glauben und Tradition hin.

Im weiteren Verlauf des Gedichts wird der patriotische Appell verstärkt. Die Strophen beschwören ein „frommes Gelübde“, das Gelöbnis, sich gegen fremde Herrschaft zu wehren und die deutsche Unabhängigkeit zu verteidigen. Die Zeilen betonen die Einheit des Volkes und das gemeinsame Ziel, die deutsche Nation zu schützen. Das Gedicht gipfelt in einer leidenschaftlichen Beschwörung, die sich gegen die drohende Fremdherrschaft richtet, insbesondere im Kontext der politischen Entwicklungen nach dem Wiener Kongress. Die rhetorische Frage nach der Bundesfahne in Feindeshand und dem Münster unter fremder Macht offenbart die tiefe Besorgnis des Dichters über die mögliche Zerstörung der nationalen Identität und Unabhängigkeit.

Die Verwendung religiöser Bilder und Anrufungen – wie das „brünstige Gebet“ und die Anspielung auf „Wolkensäul’“ und „Feuersäul’“ – verleiht dem Gedicht eine feierliche und fast sakrale Atmosphäre. Dies verstärkt die emotionale Wirkung und die patriotische Botschaft. Der Rückblick auf das Münster und das Betrachten des „Vasgaus Höh’n“ am Ende des Gedichts verdeutlichen die Sehnsucht nach der Heimat und dem Wunsch nach der Bewahrung der nationalen Werte. Schenkendorfs Gedicht ist somit ein Aufruf zur Wachsamkeit, zur Einheit und zur Verteidigung der deutschen Identität angesichts politischer Herausforderungen. Es spiegelt die Hoffnungen und Ängste der Zeit wider und dient als mahnendes Denkmal für die Bedeutung von Freiheit und nationaler Souveränität.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.