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Das Feuerzeichen

Von

Hier, wo zwischen Meeren die Insel wuchs,
ein Opferstein jäh hinaufgetürmt,
hier zündet sich unter schwarzem Himmel
Zarathustra seine Höhenfeuer an, –
Feuerzeichen für verschlagne Schiffer,
Fragezeichen für solche, die Antwort haben…

Diese Flamme mit weißgrauem Bauche
– in kalte Fernen züngelt ihre Gier,
nach immer reineren Höhen biegt sie den Hals –
eine Schlange gerad aufgerichtet vor Ungeduld:
dieses Zeichen stellte ich vor mich hin.

Meine Seele selber ist diese Flamme:
unersättlich nach neuen Fernen
lodert aufwärts, aufwärts ihre stille Glut.
Was floh Zarathustra vor Tier und Menschen?
Was entlief er jäh allem festen Lande?
Sechs Einsamkeiten kennt er schon -,
aber das Meer selbst war nicht genug ihm einsam,
die Insel ließ ihn steigen, auf dem Berg wurde er zur Flamme,
nach einer siebenten Einsamkeit
wirft er suchend jetzt die Angel über sein Haupt.

Verschlagne Schiffer! Trümmer alter Sterne!
Ihr Meere der Zukunft! Unausgeforschte Himmel!
nach allem Einsamen werfe ich jetzt die Angel:
gebt Antwort auf die Ungeduld der Flamme,
fangt mir, dem Fischer auf hohen Bergen,
meine siebente, letzte Einsamkeit! – –

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Gedicht: Das Feuerzeichen von Friedrich Nietzsche

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das Feuerzeichen“ von Friedrich Nietzsche ist eine tiefgründige Metapher für die Suche nach Erkenntnis, die Einsamkeit des Geistes und die unstillbare Sehnsucht des Individuums nach Transzendenz. Nietzsche verwendet das Bild des Feuers als zentrales Symbol, um die eigene Seele und den unaufhörlichen Drang nach Höherem zu veranschaulichen. Der Schauplatz, eine Insel zwischen den Meeren, ein Opferstein auf einem Berg, verstärkt die spirituelle Dimension und deutet auf eine Suche nach einer Offenbarung oder einer neuen Wahrheit hin.

Die Flamme, die Zarathustra entfacht, dient als „Feuerzeichen für verschlagne Schiffer“, eine Botschaft an diejenigen, die wie er selbst auf der Suche sind. Sie ist gleichzeitig ein „Fragezeichen“ für jene, die bereits Antworten gefunden haben. Die Beschreibung der Flamme als „Schlange“, die „gerad aufgerichtet vor Ungeduld“ ist, unterstreicht die Dynamik des Strebens und die Unruhe der Seele. Zarathustra identifiziert sich mit der Flamme, die nach „immer reineren Höhen“ strebt. Dies deutet auf eine ständige Entwicklung und die Überwindung des bisher Erreichten hin, ein zentrales Motiv in Nietzsches Philosophie.

Die „siebente Einsamkeit“, nach der Zarathustra strebt, ist das ultimative Ziel seiner Suche. Er hat bereits sechs Einsamkeiten durchlaufen, aber selbst die Abgeschiedenheit des Meeres und der Insel waren nicht genug. Die „Angel“, die er jetzt auswirft, symbolisiert seinen letzten Versuch, die Geheimnisse des Universums zu ergründen und die Antwort auf seine Fragen zu finden. Das Gedicht endet mit einer direkten Ansprache an „verschlagne Schiffer“ und „Meere der Zukunft“, was die Hoffnung des Dichters zum Ausdruck bringt, dass seine Botschaft verstanden wird und dass er Antworten finden wird.

Die Sprache des Gedichts ist kraftvoll und bildreich, mit vielen Metaphern und Symbolen. Nietzsche verwendet eine erhöhte, fast prophetische Sprache, um die Tiefe seiner Gedanken auszudrücken. Der Kontrast zwischen der Helligkeit des Feuers und dem „schwarzen Himmel“ betont die existenziellen Fragen nach Sinn und Orientierung. Insgesamt ist „Das Feuerzeichen“ ein kraftvolles Bekenntnis zur Suche nach Wahrheit, die Einsamkeit des Individuums und die unaufhörliche Sehnsucht nach dem Überwinden des Menschlichen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.