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Cunettone

Von

Vor dem Kamin, in dem die Flamme flackerte,
verstummten sie und dachten ihres Lebens nach.
Alsdann versank so Vieles, was sie sonst besass,
und rein im reinen Augenblicke lebten sie.

Der dunkle Wein, der drunten in der Asche stand,
erglühte da und gab ein heimlich tiefes Roth.
Die Sonne sank – der Schnee der Berge leuchtete –
der Winterhimmel draussen schien geformt aus Stahl.

Da sahen sie sich staunend an und doch vertraut –
und fragten nichts – und griffen herrisch Hand in Hand.

Auf beider Stirnen lag ein seltner Widerschein
von dem Kamin, in dem die Flamme flackerte.

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Gedicht: Cunettone von Otto Erich Hartleben

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Cunettone“ von Otto Erich Hartleben beschreibt eine intime, fast sakrale Momentaufnahme, die von Stille, Kontemplation und einem tiefen Gefühl der Verbundenheit geprägt ist. Es zeichnet sich durch eine sparsame, bildreiche Sprache aus, die dem Leser erlaubt, in die Atmosphäre der Szene einzutauchen und die emotionale Intensität zu spüren. Der Kamin, das zentrale Element, symbolisiert Wärme, Geborgenheit und den Fokus auf das Wesentliche im Leben.

Die ersten beiden Strophen etablieren die Szenerie und die Stimmung. Die Personen – „sie“ – versinken in Nachdenklichkeit, während die Flamme flackert und die Umgebung in ein gedämpftes Licht taucht. Die Beschreibung des Weins, der „erglüht“, und des Winterhimmels, der „aus Stahl“ geformt scheint, zeugt von einer intensiven Wahrnehmung der sinnlichen Eindrücke, die die Tiefe der Erfahrung unterstreichen. Der Kontrast zwischen der inneren Versunkenheit und der äußeren Welt, die durch die kalten Farben des Winters repräsentiert wird, verstärkt die Intimität und den Rückzug in die gemeinsame Erfahrung.

In der dritten Strophe erreicht das Gedicht seinen Höhepunkt. Die Personen blicken sich „staunend an und doch vertraut“, ein Moment der Erkenntnis und der tiefen Verbindung. Die Frage, die sie nicht stellen, deutet auf eine wortlose Verständigung, ein Vertrauen, das über Worte hinausgeht. Die „herrische Hand in Hand“ ist ein Zeichen für die Kraft und die Entschlossenheit dieser Beziehung, die sich in diesem Moment verdichtet.

Der abschließende Vers, der den „seltnen Widerschein“ der Flamme auf ihren Stirnen beschreibt, unterstreicht die Einheit der Erfahrung und die Transformation, die durch dieses Zusammensein stattfindet. Die Flamme als Metapher für das Innere, für das gemeinsame Erleben, das sie verbindet. Das Gedicht feiert somit die Schönheit der Stille, die Kraft der Intimität und die Magie eines Augenblicks, in dem die Begrenzungen des Alltags aufgehoben werden.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.