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Die Dichterin und die Musen

Von

Ich meynte bey dem Trieb, den ich gar oft verspührt,
Und der durch Sehnsucht mir den regen Geist gerührt,
Mich noch auf den Olymp beglückt hinauf zu schwingen
Weil auch die Musen dort, als Frauenzimmer singen.
Jedoch mein Hoffen fehlt; ich kann im voraus sehn,
Daß, leider! selbiges unmöglich kann geschehn,
Der Pierinnen Schaar drängt mich von ihren Stufen,
So eifrig und bemüht ich ihr doch zu gerufen,
Aus Eifersucht und Furcht, es möchte nach und nach
Apollo, der sie liebt, zu nicht geringer Schmach,
Und ihrem größten Schmerz, dem fremden Gast daneben
Ein freundliches Gesicht, und holdes Blickchen geben.

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Gedicht: Die Dichterin und die Musen von Christiana von Ziegler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Dichterin und die Musen“ von Christiana von Ziegler beschreibt auf eine humorvolle und selbstreflektierende Weise das Ringen einer Dichterin mit den Musen der Antike. Zu Beginn des Gedichts äußert die Dichterin den Wunsch, sich mit den Musen, den weiblichen Gottheiten der Dichtkunst, zu verbinden und ihre Inspiration zu finden. Der „Trieb“, den sie verspürt, ist eine kreative Sehnsucht, die sie zu den Höhen des Olymps führen möchte, um dort die Musen zu treffen. Die Vorstellung, dass „die Musen dort, als Frauenzimmer singen“, verbindet die Musen mit einem idealisierten Bild der weiblichen Kreativität, die in der Kunst und im Gesang verkörpert wird.

Jedoch wird der Wunsch der Dichterin durch eine unerwartete Erkenntnis gedämpft: Sie sieht ein, dass es unmöglich ist, ihren Traum zu verwirklichen, da die Musen sie von ihren „Stufen“ verstoßen. Diese Ablehnung kommt aus „Eifersucht und Furcht“, was auf die Konkurrenz unter den Musen selbst hindeutet. Die Musen fürchten, dass Apollo, der Gott der Dichtkunst und die übergeordnete Autorität, in seiner Gunst nicht nur der Dichterin, sondern auch den Musen selbst Schaden zufügen könnte, wenn er „ein freundliches Gesicht“ der Dichterin zuwendet. Diese Eifersucht und Angst, von Apollo beachtet zu werden, machen die Musen zu einer eher abschreckenden Kraft, die die Dichterin von ihrer Sehnsucht nach Inspiration abhält.

Die Dichterin wird in diesem Gedicht als eine Figur dargestellt, die sowohl Bewunderung für die Musen empfindet, aber auch deren Macht und die internen Spannungen unter ihnen zu erkennen beginnt. Die Musen, anstatt ihre Gastfreundschaft anzubieten, wirken in ihrer Eifersucht eher als Barrieren für die kreative Entfaltung der Dichterin. Es wird ein Bild von einer Art literarischer Hierarchie entworfen, in der selbst der Wunsch nach künstlerischer Inspiration mit Rivalitäten und Ängsten behaftet ist.

Insgesamt thematisiert das Gedicht auf humorvolle Weise die Schwierigkeiten und Widersprüche, die eine Dichterin bei der Suche nach Inspiration und Anerkennung durch die Musen erfahren könnte. Es ist eine Reflexion über die Komplexität des kreativen Prozesses und die Hürden, die eine Künstlerin überwinden muss, um ihre eigenen Ideen zu entfalten. Ziegler kombiniert in diesem Gedicht auf elegante Weise antike mythologische Elemente mit der inneren Realität einer Dichterin und ihrer Auseinandersetzung mit Konkurrenz und Kreativität.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.