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Der Tod der Fliege und der Mücke

Von

Der Tod der Fliege heißt mich dichten;
Der Tod der Mücke heischt mein Lied.
Und kläglich will ich dir berichten,
Wie jene starb und die verschied.

Sie setzte sich, die junge Fliege,
Voll Mut auf einen Becher Wein;
Entschloß sich, that drei gute Züge
Und sank vor Lust ins Glas hinein.

Die Mücke sah die Freundin liegen:
„Dies Grabmal“, sprach sie, „will ich scheun,
Am Lichte will ich mich vergnügen
Und nicht an einem Becher Wein.“

Allein verblendet von dem Scheine,
Ging sie der Lust zu eifrig nach;
Verbrannte sich die kleinen Beine
Und starb nach einem kurzen Ach!

Ihr, die ihr, euren Trieb zu nähren,
In dem Vergnügen selbst verdarbt!
Ruht wohl und laßt zu euren Ehren
Mich sagen, daß ihr menschlich starbt.

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Gedicht: Der Tod der Fliege und der Mücke von Christian Fürchtegott Gellert

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Tod der Fliege und der Mücke“ von Christian Fürchtegott Gellert erzählt in allegorischer Form von zwei kleinen Lebewesen, die auf unterschiedliche Weise ihrem Vergnügen nachgehen und dabei den Tod finden. Die Fliege gibt sich sorglos dem Genuss hin, trinkt aus einem Becher Wein und ertrinkt schließlich darin. Die Mücke hingegen meidet diesen Weg, zieht aber das Licht an und verbrennt sich daran – beide fallen letztlich ihrer eigenen Lust zum Opfer.

Gellert nutzt diese kleine Fabel, um menschliches Verhalten zu spiegeln. Die Fliege steht für jene, die sich der Trunkenheit und dem ausschweifenden Genuss hingeben, während die Mücke jene repräsentiert, die sich von glänzenden, aber gefährlichen Versuchungen blenden lassen. Beide werden von ihren Instinkten getrieben und finden dadurch ihr Ende.

Die abschließenden Verse enthalten eine ironische Wendung: Der Sprecher erklärt, dass die beiden „menschlich starben“. Dies ist eine feine Kritik an der menschlichen Natur, die sich oft bedenkenlos dem Vergnügen hingibt, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Gellert warnt somit vor Maßlosigkeit und Selbsttäuschung und zeigt, dass sowohl sinnlicher Genuss als auch übermäßiger Ehrgeiz ins Verderben führen können.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.