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Schwäbisches Bauernlied

Von

So herzig, wie mein‘ Lisel,
Gibt’s halt nichts auf der Welt!
Vom Köpflein bis zum Füßel
Ist sie gar wohl bestellt:
Die Wänglein weiß und roth;
Ihr Mund, wie Zuckerbrod.
So herzig, wie mein‘ Lisel,
Gibt’s halt nichts auf der Welt.

Viel weicher als die Seide
Ist ihr kohlschwarzes Haar,
Und ihre Aeuglein beide
Sind wie die Sternlein klar;
Sie blinzeln hin und her,
Sind schwarz, wie Vogelbeer.
So herzig, wie mein‘ Lisel,
Gibt’s halt nichts auf der Welt.

Im Dörflein ist kein Mädchen
So fleißig, wie mein‘ Braut.
Im Winter dreht sie ’s Rädchen,
Im Frühling pflanzt sie Kraut.
Im Sommer macht sie Heu,
Trägt Obst im Herbst herbei.
So herzig, wie mein‘ Lisel,
Gibt’s halt nichts auf der Welt.

Auch schreibt sie, ’s ist ein Wunder;
Jüngst schickt sie mir ’nen Brief,
Daß mir die Backen ‚runter
Das helle Wasser lief.
Liest sie in der Postill,
So bin ich mäuschenstill.
So herzig, wie mein‘ Lisel,
Gibt’s halt nichts auf der Welt.

Ihr sollt sie tanzen sehen,
Das traute Liselein!
Sie hüpft und kann sich drehen,
Als wie ein Wieselein;
Doch schleift und tanzt sie dir
Am liebsten nur mit mir.
So herzig, wie mein‘ Lisel,
Gibt’s halt nichts auf der Welt.

O, traute Lisel! länger
Renn‘ ich nicht hin und her,
Es wird mir immer bänger;
Wenn doch die Hochzeit wär‘!
Im ganzen Schwabenland
Kriegst keine treu’re Hand.
O du, mein‘ traute Lisel,
Wenn doch die Hochzeit wär‘!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Schwäbisches Bauernlied von Christian Friedrich Daniel Schubart

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Schwäbisches Bauernlied“ von Christian Friedrich Daniel Schubart schildert in herzlicher, volkstümlicher Weise die Liebe eines jungen Mannes zu seiner Braut Lisel. In jeder Strophe wird ihre Schönheit, Tugendhaftigkeit und Liebenswürdigkeit gepriesen, wobei sich eine feste Struktur und der wiederkehrende Refrain („So herzig, wie mein‘ Lisel, gibt’s halt nichts auf der Welt“) durch das ganze Gedicht ziehen.

Schubart verwendet eine einfache, lebensnahe Sprache, die gut zur bäuerlichen Welt passt, die er darstellt. Mit liebevollen Details – den „weiß und roten Wänglein“, dem „kohlschwarzen Haar“ oder dem Bild der fleißigen, tanzfreudigen Lisel – wird die ländliche Idylle heraufbeschworen. Die Vergleiche sind bewusst volkstümlich gewählt: Das Haar ist „weicher als die Seide“, die Augen „schwarz wie Vogelbeeren“, und beim Tanz gleicht Lisel einem „Wieselein“. Diese Bilder wirken frisch, ungekünstelt und unmittelbar.

Ein weiteres zentrales Motiv ist der Fleiß der Braut, der genauso bewundert wird wie ihre äußere Schönheit. Das Gedicht verbindet so idealisierte Weiblichkeit mit praktischer Tugend – eine Verbindung, die im bäuerlichen Lebensumfeld besonders geschätzt wird. Auch Lisels Bildung wird angesprochen, etwa wenn sie Briefe schreibt oder fromme Texte liest, was ihr Bild als perfekte Ehefrau noch abrundet.

In der letzten Strophe tritt das starke Sehnen des Sprechers nach der baldigen Hochzeit hervor. Die vorher spielerische Schwärmerei weicht hier einem tieferen Gefühl von Dringlichkeit und Hoffnung. So vermittelt das Gedicht nicht nur eine liebliche Huldigung an die Geliebte, sondern auch einen warmherzigen Einblick in das ländliche Liebesleben des 18. Jahrhunderts. Möchtest du noch eine kurze Anmerkung zu Schubarts Stil in diesem Gedicht?

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.