Piano, Geige: Hupf mein Mädel (forte),
Im Christbaum zucken gelblich ein paar Lichter,
Und an die Rampe tritt Kommis und Dichter
Und stottert stockend tannendufte Worte.
Man trampelt: »Bravo, Bravo« mit den Füßen
Und prostet mit den Krügen nach dem Helden,
Indem sich schon zwei weiße Fräuleins melden,
Mit »Stille Nacht« die Menge zu begrüßen.
Man säuft, man schreit, man giert und man verlost
Die Lebenslust – Rosa, unwiderstehlich,
Bringt lächelnd ihrem Buben bei (allmählich),
Daß er mich Papa ruft. – Na danke. Prost.
Christbaumfeier
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Christbaumfeier“ von Klabund ist eine satirische Beobachtung einer Weihnachtsfeier, die die kommerzielle und scheinheilige Natur des Festes hervorhebt. Das Gedicht ist durchzogen von Ironie und einem Gefühl der Enttäuschung über die zunehmende Oberflächlichkeit und den Konsum, der die ursprüngliche Bedeutung von Weihnachten verdrängt hat. Klabund karikiert hier die typischen Elemente der Feier, von der Musik über die Reden bis hin zu den Geschenken und der allgemeinen Atmosphäre.
Die Verwendung von musikalischen Anweisungen wie „Piano, Geige: Hupf mein Mädel (forte)“ deutet auf eine Inszenierung hin, die mehr auf Äußerlichkeiten als auf echtem Gefühl beruht. Der „Kommis und Dichter“, der „stockend tannendufte Worte“ stottert, wird verspottet, was auf die Künstlichkeit der Feierlichkeiten hindeutet. Die Reaktionen des Publikums – das Trampeln und Prosteten – verstärken diesen Eindruck, da sie eher theatralisch als authentisch wirken. Die „gelblich“ zuckenden Lichter des Christbaums können als Symbol für eine flackernde, unechte Freude gedeutet werden.
Der zweite Teil des Gedichts wechselt zu einer persönlicher gefärbten Note, indem das Gedicht die „Lebenslust – Rosa“ erwähnt. Dies deutet auf eine mögliche Beziehung oder Zuneigung hin, die durch die Geburt eines Kindes und die Aufforderung, ihn „Papa“ zu nennen, bekräftigt wird. Der letzte Vers „Na danke. Prost.“ ist voller Sarkasmus und Resignation, was auf das Gefühl des Dichters hindeutet, in die gesellschaftlichen Konventionen hineingezogen zu werden, die er eigentlich ablehnt.
Insgesamt ist „Christbaumfeier“ eine bissige Kritik an der Kommerzialisierung und dem Ritualismus von Weihnachten. Klabund nutzt Ironie und satirische Elemente, um die Diskrepanz zwischen dem festlichen Schein und der emotionalen Leere, die er wahrnimmt, zu verdeutlichen. Das Gedicht spiegelt die Enttäuschung des Autors über die Oberflächlichkeit und das Konsumverhalten wider und endet mit einer bittersüßen Feststellung der persönlichen Situation, die vom allgemeinen Trubel der Weihnachtsfeier kaum berührt zu werden scheint.
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Lizenz und Verwendung
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