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Eine ganz neue Katzengeschichte

Von

Es hatten einst drei Katzen
ein neues Mäuschen erwischt,
und haben sich’s gegenseitig
zum Schmause aufgetischt.

Doch wie sie’s fein zerstückelt,
gefressen mit Haut und Haar,
da fiel’s ihnen ein, wie niedlich
und artig das Mäuslein war.

Das arme gefressene Mäuslein!
Sie hatten’s gar nicht bedacht,
dass es klein war und nett, und nun hätten
sie gern es lebendig gemacht.

Sie haben mit Flötenstimme
Darüber geweint und miaut,
gezankt und gestritten und endlich
es recht behaglich verdaut.

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Gedicht: Eine ganz neue Katzengeschichte von Carmen Sylva

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Eine ganz neue Katzengeschichte“ von Carmen Sylva ist eine humorvolle und zugleich nachdenkliche Erzählung über die Natur von Gier, Reue und die Vergänglichkeit von Handlungen. In der ersten Strophe wird die Geschichte einer Jagd erzählt, bei der drei Katzen ein „neues Mäuschen“ erbeuten und sich dieses zum „Schmause aufgetischt“. Die Katzen erscheinen anfangs als eifrige und hungrige Tiere, die das Mäuschen in einem Akt der Gier verspeisen, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass sie sich mit ihrem Handeln vielleicht etwas wertvolles nehmen.

In der zweiten Strophe kommt der Moment der Reue. Nachdem das Mäuschen „mit Haut und Haar“ verzehrt wurde, wird den Katzen bewusst, dass es „niedlich und artig“ war – eine Entdeckung, die die ursprüngliche Freude am Fressen trübt. Die Katzen, die zuvor so selbstverständlich zugeschlagen haben, erkennen nun, dass das Opfer eigentlich liebenswert und harmlos war. Dieser Moment der Erkenntnis spiegelt eine moralische Wendung wider: Die Katzen fühlen sich plötzlich schlecht und wünschten, sie hätten das Mäuschen am Leben gelassen.

Die letzte Strophe zeigt, wie die Katzen mit ihrer Reue umgehen. Statt sich jedoch tatsächlich mit ihrem Handeln auseinanderzusetzen oder es zu bereuen, klagen sie in einer kindlichen Weise, indem sie „mit Flötenstimme“ weinen und miauen. Sie „gezankt und gestritten“, was darauf hinweist, dass sie sich nicht wirklich ernsthaft mit der Situation befassen, sondern eher in einem Zustand der Ratlosigkeit verbleiben. Schließlich endet das Gedicht damit, dass das Mäuschen „recht behaglich verdaut“ wird – was bedeutet, dass die Katzen sich schließlich mit ihrer Tat abgefunden haben.

Carmen Sylva verwendet in diesem Gedicht Humor und Ironie, um zu zeigen, dass das menschliche (oder tierische) Gewissen oft nur eine flüchtige Reaktion auf eine Handlung ist, die bereits vollzogen wurde. Die Katzen erfahren eine Momentaufnahme der Reue, die jedoch nicht in eine tiefere moralische Einsicht führt, sondern lediglich zu einem oberflächlichen „Wehklagen“ und der schlussendlichen Akzeptanz ihrer Tat. Das Gedicht ist eine satirische Reflexion über das menschliche Verhalten, das oft von kurzfristigen Gefühlen der Reue und Entschuldigung begleitet wird, ohne dass sich echte Veränderung oder Einsicht manifestiert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.