Die gelben Blätter schaukeln
Die gelben Blätter schaukeln
Im Sonnenstrahl, dem fahlen,
Nicht Amoretten gaukeln
Wie Anno dazumalen.
In warmer Ofennähe,
Filzschuhe an den Füßen,
Erwart‘ ich still und spähe,
Was bald wird kommen müssen.
Doch will getrost ich wandern,
Und wird der Vorhang fallen,
So gönn‘ ich gerne andern,
Den Frühling neu zu malen.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Die gelben Blätter“ von Carl Spitzweg beschreibt eine nachdenkliche Stimmung, die den Übergang von einem Lebensabschnitt zum nächsten symbolisiert. Die gelben Blätter, die im Sonnenstrahl schaukeln, stehen für den Herbst, eine Zeit des Abschieds und der Vergänglichkeit. Der „fahle“ Sonnenstrahl verstärkt das Bild des Verblassens und des langsamen Vergehens. Der Verweis auf die „Amoretten“ und „Anno dazumalen“ erinnert an vergangene, fröhliche Zeiten, in denen das Leben noch voller Leichtigkeit und Liebe war, doch diese Zeiten sind nun vorbei.
Der Sprecher des Gedichts scheint sich in einer Phase der Ruhe und des Wartens zu befinden. In der „warmen Ofennähe“ sitzend und „Filzschuhe an den Füßen“, wartet er auf das, was kommen wird. Diese Beschreibung vermittelt ein Gefühl der Geborgenheit und des Rückzugs, aber auch eine stille Resignation gegenüber dem Unausweichlichen. Das Warten auf das „Was bald wird kommen müssen“ verweist auf die bevorstehende Veränderung oder den endgültigen Übergang, was möglicherweise den Tod oder das Ende eines Lebensabschnitts symbolisieren könnte.
Im letzten Vers äußert der Sprecher jedoch eine bemerkenswerte Gelassenheit. Obwohl er das Ende erwartet, zeigt er sich bereit, sich mit dem Wandel abzufinden und anderen den Frühling „neu zu malen“. Diese Bereitschaft, den Staffelstab an die nächste Generation oder an andere Menschen weiterzugeben, unterstreicht eine tiefe Weisheit und Akzeptanz des natürlichen Lebenszyklus. Der Frühling, als Symbol für Neubeginn und Hoffnung, wird hier nicht als persönlicher Wunsch des Sprechers dargestellt, sondern als etwas, das er anderen überlässt.
Spitzweg verbindet in diesem Gedicht die Melancholie des Herbstes mit einer positiven Haltung gegenüber dem Übergang. Die ruhige, fast resignierte Atmosphäre wechselt zur Akzeptanz und schließlich zur Großzügigkeit gegenüber der Zukunft. Die Sprache des Gedichts ist einfach und ruhig, was die Beschaulichkeit des Moments widerspiegelt und gleichzeitig eine tiefe Lebensweisheit vermittelt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.