Boden
Siehe ich bin eine traurige Erde,
Größemüde sinnende Landschaft,
Tuend ruhende Schwere!
Wie von Werken
Trauriger Wein.
So verlorenes Stärken:
Was?
Schwarze Vögel,
Wie ein Trauerband gezogen
Um leisblaue zarte Schultern
Sehnenden Himmels,
Mit so nahen spähenden Augen,
Die was Schnelles sagen,
Kommt mir geflogen,
Die fragend, kündend.
Fichtenzweige sind getüpfelt.
Wie taubes Gold in welker Hand,
Das bietend keinen Nehmer fand.
Flog mal an geschecktes Licht,
Ein verstecktes Kindsgesicht,
Flog mal an.
Ist wo verhalten Lieb in linder Luft
Listigen Taumels wonniges Leben,
Flüsterndes Sprühen
Verstohlen hinüber-.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Boden“ von Peter Hille entwirft eine melancholische Landschaft, die von Schwere, Trauer und Verlust geprägt ist. Die eröffnenden Verse etablieren das zentrale Motiv der „traurigen Erde“, einer Landschaft, die erschöpft und müde von der Last des Daseins scheint. Die Metapher des „traurigen Weins“ deutet auf eine tiefe Melancholie hin, die aus vergangenen „Werken“ resultiert. Der Leser wird sofort in eine Welt eingeführt, in der die Stärke verloren gegangen ist, und die Frage „Was?“ unterstreicht die Ungewissheit und den Schmerz.
Die zweite Strophe führt das Bild der „schwarzen Vögel“ ein, die wie ein „Trauerband“ am Himmel ziehen. Dieses Bild verstärkt die düstere Atmosphäre und evoziert Assoziationen von Tod und Verlust. Der Himmel wird als „leisblaue zarte Schultern“ personifiziert, was eine gewisse Verletzlichkeit andeutet. Die Vögel mit ihren „spähenden Augen“ vermitteln eine Ahnung von etwas, das sich anbahnt, von einer Botschaft oder einem Geheimnis, das die Landschaft zu enthüllen droht. Die anschließende Erwähnung von „Fichtenzweigen“ und „taubem Gold“ verstärkt das Gefühl der Vergänglichkeit und des Verlusts, da das Gold in einer „welken Hand“ landet, ohne einen Empfänger zu finden.
Der dritte Teil des Gedichts wirft einen Hoffnungsschimmer auf, der jedoch von kurzer Dauer ist. Das „gescheckte Licht“ und das „versteckte Kindsgesicht“ suggerieren die flüchtige Präsenz von Unschuld und Schönheit. Der Ausruf „Flog mal an“ deutet auf eine Sehnsucht nach etwas, das nicht dauerhaft ist, nach einem Moment der Freude, der schnell wieder verschwindet. Der letzte Teil des Gedichts beschreibt die „verhaltene Lieb“ in einem „Listigen Taumel“, welches die Kurzlebigkeit des Glücks verdeutlicht. Das „Flüstern“ und „Sprühen“ der Liebe wird als etwas „verstohlen“ und flüchtiges dargestellt.
Insgesamt ist „Boden“ ein Gedicht über die Vergänglichkeit, den Verlust und die Melancholie. Die Sprache ist bildreich und verwendet eine Vielzahl von Symbolen, um die innere Landschaft des Dichters widerzuspiegeln. Es ist ein Gedicht, das die schmerzliche Erkenntnis des Nicht-Bleibens und der Kurzlebigkeit des Lebens thematisiert, während es gleichzeitig eine subtile Sehnsucht nach Trost und Freude birgt, die nur kurzzeitig aufblitzt, bevor sie wieder verblasst. Das Gedicht vermittelt eine tiefe Auseinandersetzung mit der menschlichen Existenz und den flüchtigen Momenten des Glücks.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.