Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, ,

Blues

Von

Wenn du nicht froh kannst denken,
Obwohl nichts Hartes dich bedrückt,
Sollst du ein Blümchen verschenken
Aufs Geratewohl von dir gepflückt.

Irgendein staubiger, gelber, –
Sei′s Hahnenfuß – vom Wegesrand.
Und schenke das Blümchen dir selber
Aus linker Hand an die rechte Hand.

Und mache dir eine Verbeugung
Im Spiegel und sage: „Du,
Ich bin der Überzeugung,
Dir setzt man einzig schrecklich zu.
Wie wär′s, wenn du jetzt mal sachlich
Fleißig einfach arbeiten tätst?
Später prahle nicht und jetzt lach nicht,
Daß du nicht in Übermut gerätst.“

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Blues von Joachim Ringelnatz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Blues“ von Joachim Ringelnatz thematisiert auf humorvolle und leicht melancholische Weise den Umgang mit innerer Unzufriedenheit und Selbstzweifeln. Es beginnt mit einer simplen, fast kindlichen Empfehlung: Wenn die Seele keine Freude empfinden kann, obwohl äußere Umstände keinen Anlass zur Trauer bieten, soll man sich selbst mit einer kleinen Geste der Zuwendung trösten. Die Wahl eines „staubigen, gelben“ Blümchens, wie eines Hahnenfußes, unterstreicht die Einfachheit und Unaufwändigkeit dieser Selbstliebe.

Der zweite Teil des Gedichts führt diese Idee weiter, indem es eine Selbstreflexion durchführt. Der Sprecher, der sich im Spiegel betrachtet, führt ein Zwiegespräch mit sich selbst. Die Formulierung „Dir setzt man einzig schrecklich zu“ deutet auf eine innere Kritik und einen strengen Umgang mit sich selbst hin. Die Aufforderung, fleißig zu arbeiten und sich nicht zu überschätzen, unterstreicht die Notwendigkeit zur Selbstdisziplin und zur Vermeidung von Übermut. Diese Zeilen spiegeln die Ringelnatz’sche Tendenz wider, Ernstes mit Humor zu verbinden und eine gewisse Melancholie in seinen Gedichten aufscheinen zu lassen.

Das Gedicht ist in einfacher, eingängiger Sprache verfasst, die durch Reime und einen fast volksliedhaften Rhythmus charakterisiert ist. Dies macht es zugänglich und verständlich, während der Inhalt eine subtile Tiefe aufweist. Die Wahl des Titels „Blues“ verweist auf die Grundstimmung des Gedichts: eine leise Traurigkeit, die jedoch durch die humorvolle Selbstansprache und die pragmatischen Ratschläge gemildert wird.

Insgesamt ist „Blues“ eine kluge und amüsante Betrachtung über die menschliche Psyche. Es erinnert daran, wie wichtig es ist, sich selbst mit Freundlichkeit und Achtsamkeit zu begegnen, besonders in Momenten, in denen die Seele ohne ersichtlichen Grund traurig ist. Die simple Handlung, sich selbst ein Blümchen zu schenken, wird zu einer Metapher für die Wertschätzung der eigenen Person und die Notwendigkeit, sich selbst zu motivieren und zu disziplinieren.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.