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Beichte

Von

am 28. October 1813.

Wir haben alle schwer gesündigt,
Wir mangeln allesammt an Ruhm,
Man hat, o Herr! uns oft verkündigt
Der Freiheit Evangelium;
Wir aber hatten uns entmündigt,
Das Salz der Erde wurde dumm;
So Fürst als Bürger, so der Adel,
Hier ist nicht einer ohne Tadel.

Wir haben an der bunten Wange
Der alten Babel uns berauscht,
Und ihrem frechen Lustgesange
Mit keuschem deutschem Ohr gelauscht,
Die Kraft entschwand uns vor dem Klange,
Im Taumel haben wir vertauscht
Mit eklem Rothwelsch der Garonne
Die Sprache Teuts, der Helden Wonne.

Da kamen über uns gezogen
Die Schmach, die Gräuel ohne Zahl,
Wir bauten mit am Siegesbogen,
Wir saßen mit beim Götzenmahl,
Die nie das freie Haupt gebogen,
Die Männer stolz und rein wie Stahl,
Sie webten mit am Sklavenbande,
Sie prunkten mit dem Schmuck der Schande.

Nun Herr! die Binden sind gefallen
Von Händen, wie von Blick und Ohr;
Laß uns dein gnädig Wort erschallen,
Sei wieder mit uns wie zuvor.
Wir nahen uns des Harzes Hallen,
Wir ziehn durch Vater Hermanns Thor.
O gib, daß unser Blut erkaufe
Des alten Namens Feuertaufe.

Orakel haben längst geklungen,
Sie deuteten des Riesen Fall;
Vor′m heil′gen Lied der Niebelungen
Verstummte schon der fremde Schall,
Viel deutsche Schwerter sind geschwungen
Bei Moskau wie bei Roncevall,
Acht Monde führt nun schon die Fehde,
Ein Volk von deutscher Art und Rede.

Du ziehst, o Herr! im Siegesfluge
Vor deinen treuen Schaaren her;
Man glaubt nicht mehr dem fremden Truge,
Man glaubt der guten alten Mär,
Die Donau braust′s auf ihrem Zuge
Von Schwaben bis ins schwarze Meer,
Daß Deutsche nur für Deutsche fechten
Nach alter Sitte, alten Rechten.

Du hast uns, Herr! der Schuld entladen,
Der Schmach entlud uns unser Schwert;
O fließ uns ferner, Quell der Gnaden,
Wir sammeln uns um freien Herd,
Wir bergen tief in heil′ger Laden
Die Bundes-Worte fromm und werth,
Der junge Bund voll Lust und Ehren,
Der graue Bund soll ewig währen.

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Gedicht: Beichte von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Beichte“ von Max von Schenkendorf ist eine patriotische Reflexion, die im Oktober 1813 entstand, inmitten der Napoleonischen Kriege. Es ist eine kollektive Buße, in der das deutsche Volk seine Sünden bekennt und um Erneuerung bittet. Das Gedicht ist ein Aufruf zur nationalen Selbstbesinnung, zur Abkehr von fremden Einflüssen und zur Wiederentdeckung deutscher Tugenden und Traditionen.

Der erste Teil des Gedichts beschreibt die Sünden, die das deutsche Volk begangen hat. Die Verse sprechen von einem Mangel an Ruhm und der Missachtung des „Evangeliums der Freiheit“. Die Deutschen haben sich „entmündigt“ und waren wie „das Salz der Erde“ untätig geworden. Sie haben sich von „Babel“ (Frankreich) und ihren „bunten Wange“ verführen lassen und deren freche Lustgesänge gehört, wodurch die deutsche Sprache und Kultur vernachlässigt wurden. Sowohl Adel als auch Bürger werden für ihr Fehlverhalten gerügt. Diese Schuld wird als kollektiv dargestellt, wobei niemand ohne Tadel bleibt.

Der zweite Teil des Gedichts markiert einen Wendepunkt. Die Erkenntnis der Sünden führt zu einem Appell an Gott um Vergebung und Wiederherstellung. Die „Binden“ sind gefallen, und die Deutschen flehen um Gottes Gnade und die Rückkehr zu den alten Werten. Der Bezug auf „Vater Hermanns Thor“ und die „Feuertaufe“ des alten Namens symbolisieren den Wunsch nach nationaler Erneuerung und der Wiedergeburt des deutschen Geistes. Der Bezug auf die Niebelungen und die Schlachten bei Moskau und Roncevall unterstreichen die Notwendigkeit, für die eigene Nation und die eigenen Traditionen zu kämpfen.

Der abschließende Teil des Gedichts feiert die beginnende Befreiung von der Schuld und der Schmach. Gott wird als Führer im „Siegesfluge“ gepriesen, und die Deutschen wenden sich von „fremden Truge“ ab und kehren zu den „alten Mär“ zurück. Die Donau, als Symbol für die Einheit des deutschen Volkes, wird genannt. Das Gedicht endet mit einem Bekenntnis zur Einheit und zum Erhalt der deutschen Identität und Kultur, ein „junge Bund“ und „grauer Bund“ sollen gemeinsam die alten Traditionen bewahren und in Ehren halten. Es ist ein leidenschaftlicher Appell an die Nation, sich selbst zu besinnen, ihre Sünden zu bekennen und sich für eine glorreiche Zukunft zu vereinen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.