Ariette
Das war ein Tier, mein Mauleselein!
Konnt‘ alle Tag‘ ein Ratsherr sein,
trat einher mit festem Schritte,
ging auf dem Wege stets in der Mitte,
reckte bei jedem Schall das Ohr
zwanzig Zoll hoch zierlich empor,
trug ohne Murren, wie Menschen nie pflegen,
schwere Lasten auf schweren Wegen,
scheute nicht Hitze, scheute nicht Frost,
nahm verlieb mit magerer Kost;
schritt so sicher auf glattem Eise,
sprach kein Wörtchen auf der Reise.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Ariette“ von August von Kotzebue zeichnet ein humorvolles und zugleich bewunderndes Bild eines Maulesels, das die Eigenschaften von Ausdauer, Treue und stoischer Geduld verkörpert. In der ersten Strophe wird das Maulesel als ein „Tier“ beschrieben, das „alle Tag‘ ein Ratsherr sein“ könnte, was darauf hindeutet, dass es eine gewisse Weisheit oder Erfahrung besitzt, die es in einem menschlichen Kontext von Bedeutung machen könnte. Das Maulesel wird durch seinen „festen Schritt“ und das Gehen „in der Mitte des Weges“ als ein Symbol für Beständigkeit und Sicherheit dargestellt, das seine Aufgabe mit Entschlossenheit und ohne Zögern erfüllt.
In der zweiten Strophe wird das Tier weiter gepriesen, da es auf alles vorbereitet scheint: Es „reckte bei jedem Schall das Ohr“ und nahm die Umgebung aufmerksam wahr, was auf seine Wachsamkeit und Aufmerksamkeit hinweist. Die „zwanzig Zoll hoch zierlich empor“ stehenden Ohren verstärken das Bild eines Maulesels, der aufmerksam und gleichzeitig mit einer gewissen Eleganz in seiner Aufgabe ist. Das Maulesel trägt „ohne Murren“ schwere Lasten und scheut weder „Hitze noch Frost“, was eine unerschütterliche Geduld und Belastbarkeit symbolisiert, die im menschlichen Leben oft als vorbildlich angesehen wird. Es lebt mit bescheidenen Mitteln („magerer Kost“) und nimmt die Herausforderungen des Lebens ohne Klagen an.
Die letzte Zeile „sprach kein Wörtchen auf der Reise“ unterstreicht die Stoik des Maulesels, das – obwohl es durch schwierige Bedingungen und Herausforderungen geht – niemals seine Bestimmung hinterfragt oder sich beschwert. Kotzebue zeigt in diesem Gedicht nicht nur die physische Stärke des Tieres, sondern auch eine Form der inneren Ruhe und Hingabe, die das Maulesel zu einem unermüdlichen und verlässlichen Begleiter macht.
Insgesamt beschreibt Kotzebue das Maulesel als ein ideales Symbol für Ausdauer und Pflichtbewusstsein. Es ist ein humorvoller Vergleich zwischen einem scheinbar einfachen Tier und den menschlichen Eigenschaften von Geduld, Ausdauer und Hingabe, die oft übersehen werden, aber dennoch von zentraler Bedeutung sind. Das Gedicht ruft zu einer Anerkennung der unscheinbaren, aber wertvollen Tugenden auf, die in der Welt des Alltags oft unbeachtet bleiben.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.