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Vorübergehn

Von

Das Haus flackt in den Sternen
Mein Schritt verhält und friert.
In deinem Schoße schläft mein Hirn.
Mich fressen Zweifel!
Voll
Schattet deine Büste in dem Fenster
Das Spähen hüllt mich lautlos
Die Sterne streifeln glühes Eisen
Mein Herz
Zerkohlt!
An deinem Fenster
Eist
Ein Windhauch Asche.
Die Füße tragen weiter leere Last!

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Gedicht: Vorübergehn von August Stramm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Vorübergehn“ von August Stramm beschreibt auf eindringliche Weise das Gefühl von innerer Zerrissenheit, Entfremdung und Verzweiflung. Zu Beginn entsteht ein Bild der Unbeweglichkeit und des Stillstands: „Das Haus flackt in den Sternen“ und „Mein Schritt verhält und friert“. Das „flacken“ des Hauses – ein ungenauer, fast geisterhafter Begriff – könnte auf die Unsicherheit und den Widerspruch in der Wahrnehmung hinweisen, während das „Verhalten und Frieren“ des Schrittes das Gefühl der Blockade oder Lähmung vermittelt, als ob der lyrische Ich in seiner Bewegung und seinem Handeln erstarrt ist. Diese Desorientierung wird durch das Bild des „Hirns“, das „in deinem Schoße schläft“, weiter verstärkt, was auf einen inneren Zustand des Ausgeliefertseins und der Passivität hinweist.

Die darauffolgende Zeile „Mich fressen Zweifel!“ bringt den inneren Konflikt und die Zerrissenheit des lyrischen Ichs klar zum Ausdruck. Die Zweifel sind so mächtig, dass sie das Ich regelrecht „fressen“, was auf eine lähmende Unsicherheit und existenzielle Angst hinweist. Diese Zweifel scheinen das lyrische Ich zu verschlingen und seine Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit zu blockieren.

Das Bild der „Büste“, die „in dem Fenster schattet“, könnte auf eine Figur oder ein Ideal hinweisen, das für das lyrische Ich zu einer Quelle des Schmerzes und der Bedrängnis wird. Die „Büste“ ist ein statisches, lebensfernes Bild, das sich in einem Fenster im Dunkeln zeigt und dadurch noch verstärkt die Trennung zwischen der Idee und der realen, erlebbaren Welt. Die Bewegung des „Spähens“, das „lautlos“ in das lyrische Ich eindringt, könnte eine Form der Überwachung oder Beobachtung sein, die die Freiheit und das Gefühl der Kontrolle weiter einschränkt.

Die Zeilen „Die Sterne streifeln glühes Eisen / Mein Herz / Zerkohlt!“ erzeugen eine starke, leidenschaftliche Bildsprache. Die Sterne, die das „glühende Eisen streifen“, könnten das Bild von schmerzhaften Erfahrungen oder inneren Qualen vermitteln, die das Herz des lyrischen Ichs „zerkohlen“. Das Bild des verbrannten Herzens steht für den inneren Verlust und die Zerstörung der emotionalen Integrität, die aus den äußeren und inneren Konflikten resultiert.

Am Ende des Gedichts wird die Vergeblichkeit des Strebens deutlich: „Die Füße tragen weiter leere Last!“. Die „leere Last“ weist auf ein Fortbestehen ohne Ziel, auf das Weitergehen ohne Erfüllung oder Hoffnung. Trotz der körperlichen Bewegung bleibt der Weg ziellos, und das lyrische Ich bleibt in seiner Zerrissenheit und Verzweiflung gefangen, als ob die Last des Lebens keinen Sinn oder keine Lösung bietet. Stramm beschreibt hier das Gefühl von innerer Entfremdung, das mit dem Leben selbst unvereinbar scheint und in einer schmerzhaften existenziellen Leere endet.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.