Schrei
Tage sargen
Welten gräbern
Nächte ragen
Blute bäumen
Wehe raumen alle Räume
Würgen
Schwingen
Und
Zerschwingen
Schwingen
Würgen
Und
Zerwürgen
Stürmen
Strömen
Wirbeln
Ballen
Knäueln
Wehe Wehe
Wehe
Wehen
Nichtall.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Schrei“ von August Stramm entfaltet eine düstere und kraftvolle Bildsprache, die den Zustand von Gewalt, Zerstörung und innerer Aufruhr im Krieg und in der menschlichen Existenz widerspiegelt. Zu Beginn beschreibt der Dichter, wie „Tage sargen“ und „Welten gräbern“, was die Endlichkeit und das Begräbnis von Zeit und Raum symbolisiert. Das Wort „sargen“ verweist auf das Einhüllen oder das Bestatten, was in Verbindung mit dem „Gräbern“ von Welten eine dramatische Metapher für den Verlust und den Zerfall von Leben und Realität darstellt.
„Nächte ragen / Blute bäumen“ bringt eine unheimliche, fast groteske Visualisierung des nächtlichen Zustands, der von Blut und Gewalt durchzogen ist. Die Nächte „ragen“ wie gewaltsame, aufstrebende Kräfte, und das „Blut“ wird zu einem Symbol des fortwährenden Leidens und der Zerstörung, das sich in den Raum der Nacht hinein erstreckt. Diese Verse vermitteln ein Bild der Unaufhörlichkeit, in dem das Böse und das Leid in der Dunkelheit weiter wachsen.
Die Wiederholung von „Wehe“ und die Wörter „Würgen“, „Schwingen“, „Zerschwingen“, „Zerwürgen“ erzeugen eine fast erdrückende und klaustrophobische Atmosphäre. Die ständige Wiederholung dieser gewaltsamen Handlungen lässt die Wirkung von Gewalt und Zerstörung unausweichlich erscheinen. Hier wird der Akt der Gewalt nicht nur als körperliche Handlung dargestellt, sondern auch als unaufhörlicher, nahezu mechanischer Prozess, der immer wieder in einer Spirale der Zerstörung und des Schmerzes zurückkehrt.
Die weiteren Bilder von „Stürmen“, „Strömen“, „Wirbeln“, „Ballen“, „Knäueln“ verstärken das Gefühl von Chaos und Unordnung. Diese Worte deuten auf einen Strudel oder ein Aufeinandertreffen von Kräften hin, die sich nicht kontrollieren lassen und nur noch in einem Zustand der Verwirrung existieren. Das wiederholte „Wehe Wehe“ erzeugt ein Echo der Qual, das in der Endlosschleife von Leid und Verwirrung gefangen zu sein scheint. Schließlich endet das Gedicht mit „Nichtall“, was den Zustand des Nichts oder der Leere widerspiegelt – ein Zustand, in dem keine Erlösung oder Antwort auf das geschilderte Chaos und die Gewalt zu finden ist.
In diesem Gedicht fängt Stramm den inneren Aufruhr und die äußeren, zerstörerischen Kräfte auf beeindruckende Weise ein. Durch die Wiederholungen und die dichte Bildsprache wird der Krieg oder das Leiden als eine unaufhörliche Kette von gewaltsamen Ereignissen dargestellt, die den Menschen und die Welt immer weiter zermalmen, bis am Ende nichts mehr übrig bleibt als das „Nichtall“.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.