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Auswanderungslied

Von

Unsre Fürsten hatten viel versprochen,
Doch das Halten schien nicht ihre Pflicht.
Haben wir denn nun soviel verbrochen,
daß sie hielten ihr Versprechen nicht?

Schlimmer wird es jetzt von Tag zu Tage,
Schweigen ist nur unser einzig Recht:
Untertanen ziemet keine Klage,
Und gehorchen muß dem Herrn der Knecht.

Unsre Brüder werden ausgewiesen,
Mehr als alles Recht gilt Polizei.
Heute trifft es jenen, morgen diesen,
Jeder, jeder Deutsch‘ ist vogelfrei.

Deutsche Freiheit lebet nur im Liede,
Deutsches Recht, es ist ein Märchen nur.
Deutschlands Wohlfahrt ist ein langer Friede –
Voll von lauter Willkür und Zensur.

Darum ziehn wir aus dem Vaterlande,
Kehren nun und nimmermehr zurück,
Suchen Freiheit uns am fremden Strande –
Freiheit ist nur Leben, ist nur Glück.

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Gedicht: Auswanderungslied von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auswanderungslied“ von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben drückt den Unmut und die Verzweiflung über die politischen Zustände im Deutschland des 19. Jahrhunderts aus. Die Klage über die gebrochenen Versprechungen der „Fürsten“ und die zunehmende Unterdrückung durch die Regierung bildet den Ausgangspunkt des Gedichts. Der Dichter stellt in Frage, warum die Herrscher ihre Versprechungen nicht einhalten, was auf eine tiefere Enttäuschung über die politische Elite und die schlechte Führung hinweist.

Die zweite Strophe beschreibt die Verschärfung der Situation, in der das Schweigen der Untertanen als einzig zulässige Reaktion auf die Willkür des Staates dargestellt wird. Die Knechtschaft und das Gehorchen als Grundprinzip des gesellschaftlichen Lebens zeigen die Machtlosigkeit der Bevölkerung. Die zunehmende Unterdrückung wird durch die Darstellung der „Brüder“, die ausgewiesen werden, und durch die allgegenwärtige Polizei symbolisiert, die die Freiheit der Bürger einschränkt und das Leben zunehmend repressiver gestaltet.

Die Kritik an der „deutschen Freiheit“ und dem „deutschen Recht“ wird in den letzten Versen des Gedichts besonders deutlich. Der Dichter bezeichnet die deutsche Freiheit als eine bloße Illusion, die nur in Liedern existiert, und das „deutsche Recht“ als ein Märchen. Die „Willkür“ und „Zensur“ werden als realer Zustand der Gesellschaft dargestellt, in dem das Wohlergehen des Volkes nicht berücksichtigt wird. Diese Aussagen reflektieren eine tief sitzende Enttäuschung über die politische Situation und den Mangel an echter Freiheit und Gerechtigkeit.

Am Ende des Gedichts wird der Entschluss, das Land zu verlassen, als einzige Möglichkeit dargestellt, um der Unterdrückung zu entkommen. Die Auswanderung wird als Flucht in die Freiheit und das wahre Glück beschrieben, das im „fremden Strande“ zu finden ist. Dies ist ein Appell an die Menschen, die in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sehen, sich jedoch in einem neuen Land die Chance auf ein besseres Leben und echte Freiheit zu erkämpfen.

Insgesamt zeigt das Gedicht die Verzweiflung der Bevölkerung angesichts der politischen Missstände und die Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit. Hoffmann von Fallersleben kritisiert nicht nur die Obrigkeit, sondern spricht auch die Entfremdung und Ohnmacht der Bürger an, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, um in einem fremden Land nach einem besseren Leben zu suchen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.