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Auf einen schönen und artigen Papagoy

Von

Es hat dich die Natur recht herrlich aus geschmücket;
Dein Glanz ist ungemein, man bleibt dabey entzücket.
Man sage was man will von aller Farben Kunst:
Es ist und bleibt fürwahr nur eitler Wörter Dunst.
Ich seh das muntre Grün, mit roth und gelb vermenget;
Wie sich der weisse Strahl mit in den Schnabel dränget;
O Anblick, der fürwahr mir alle Sinnen rührt!
Ihr Künstler, saget frey! seyd ihr nicht überführt,
Die Wirkung der Natur hat euch hier übertroffen?
Ihr schlechten Redner hört, ihr könnt ein gleiches hoffen.
Kaum daß sein zartes Ohr sich nach der Stimme richt,
Die nur von ohngefehr ein Wörtchen zu ihm spricht,
So sagt er deutlich noch was man von ihm verlanget.
Die Unschuld redet hier, die nicht mit Worten pranget.
Er speist sein Zuckerbrodt, steigt in dem Baur herum,
Sieht sich in keiner Schrift nach Wort und Einfall um.
Ihn plagt kein schwarzer Neid, er will sich nicht verstellen;
Kann er gleich als ein Hund mit seinem Stimmchen bellen.
Er lacht, er pfeift, er singt, wenn sich die Zunge regt
So wird ein neuer Werth auch an den Tag gelegt.
Wie sollte nicht mein Freund den klugen Vogel lieben?
Wer ihn nur hört und sieht, wird dazu angetrieben.
Ich sorge wahrlich selbst, daß ihn kein Unfall schreckt,
Und daß kein Katzenkopf sich nach dem Bauer streckt.
Mein Papchen lebe wohl, belache alle Thoren.
Die nicht so edel sind in ihrer Art gebohren.
Du sprichst dein gutes Deutsch, dein rein gesetzt Latein,
Kanst manchem der es lehrt, darinn ein Muster seyn.

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Gedicht: Auf einen schönen und artigen Papagoy von Christiana Mariana von Ziegler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf einen schönen und artigen Papagoy“ von Christiana Mariana von Ziegler ist eine Ode an einen Papagei, in der die Autorin die Schönheit, Intelligenz und Unschuld des Vogels lobt und bewundert. Der Fokus liegt auf der natürlichen Schönheit des Papageis und seiner Fähigkeit, die menschliche Sprache zu imitieren, wobei dies als Ausdruck von Reinheit und Unmittelbarkeit verstanden wird, im Gegensatz zu der Künstlichkeit und den Intrigen der menschlichen Welt.

Ziegler beginnt mit der Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes des Papageis und betont seine Farbenpracht und die bewundernswerte Gestaltung durch die Natur. Sie stellt die natürliche Schönheit des Vogels über die Kunstfertigkeit von Künstlern und die Eitelkeit menschlicher Worte. Der Papagei wird als Beispiel für unübertroffene Schöpfung und als Inspiration für Künstler und Redner gefeiert. Die Zeilen, die von der „Wirkung der Natur“ sprechen, die Künstler „übertroffen“ hat, verdeutlichen die Überzeugung der Autorin von der Überlegenheit der Natürlichkeit.

Die zweite Hälfte des Gedichts konzentriert sich auf die Intelligenz und das Verhalten des Papageis. Seine Fähigkeit, menschliche Worte zu verstehen und nachzusprechen, wird als Zeichen der Unschuld und Freiheit von menschlicher List hervorgehoben. Ziegler kontrastiert die Einfachheit und Ehrlichkeit des Papageis mit dem Neid und der Verstellung, die sie in der menschlichen Welt wahrnimmt. Sie beschreibt den Vogel als jemanden, der „nicht mit Worten pranget“ und dem es an „schwarzem Neid“ mangelt, wodurch seine Tugendhaftigkeit betont wird.

Das Gedicht endet mit einem persönlichen Lob und der Zuneigung der Autorin zum Papagei. Sie wünscht ihm ein langes Leben und schützt ihn vor Gefahren. Sie preist seine Fähigkeit, Deutsch und Latein zu sprechen, und sieht ihn als Vorbild für diejenigen, die diese Sprachen lehren. Insgesamt ist das Gedicht eine Liebeserklärung an den Papagei, der als Verkörperung von natürlicher Schönheit, Unschuld und Intelligenz betrachtet wird, und eine Kritik an der Künstlichkeit und den Unzulänglichkeiten der menschlichen Gesellschaft.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.