Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , ,

Auf der Wanderung am Rhein

Von

Nonnen-Eiland in dem Flusse,
Rolandseck auf steiler Höh′,
Seid gegrüßt mit gutem Gruße,
Weil ich hier vorüber geh′.

Muß ich stets vorüber ziehen,
Brech′ ich keine Früchte ab,
Soll mir keine Laube blühen,
Pflanz′ ich nie den Wanderstab?

Flüchtet, flüchtet, ihr Gedanken,
Nach der süßen Ruhestatt,
Die mit holden Zauberschranken
Euren Flug gefangen hat.

Rückwärts, rückwärts, meine Blicke,
Nach dem fernen stillen Haus,
Baut euch muthig eine Brücke
Ueber Berg und Thal hinaus.

Grüßet mir die frommen Kinder,
Bei dem frommen, lieben Fest,
Daß die Sehnsucht milder, linder
Sich im Lied vernehmen läßt.

Alle Freuden, allen Segen,
Himmelsfrieden, süße Ruh,
Was ihr findet auf den Wegen
Führet meiner Freundin zu.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf der Wanderung am Rhein von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf der Wanderung am Rhein“ von Max von Schenkendorf beschreibt die Empfindungen eines Reisenden, der an bekannten Rheinlandschaften vorbeizieht und dabei sowohl äußere Eindrücke als auch innere Gedanken verarbeitet. Die Grußformeln an das Nonnen-Eiland und Rolandseck weisen auf eine Sehnsucht nach einer tiefen Verbindung mit der Natur und der Vergangenheit hin. Die Anrede und der Abschied implizieren eine gewisse Melancholie, eine Wehmut, die durch die Notwendigkeit des Weiterziehens entsteht. Die Natur wird hier als etwas betrachtet, dass ergriffen und gefühlt werden muss, jedoch die Möglichkeiten, dies zu tun, begrenzt sind.

Die zweite Strophe verstärkt diese Melancholie. Der Sprecher fragt sich, ob er jemals die Früchte der Natur genießen, sich unter einem schattenspendenden Laubdach ausruhen oder gar sesshaft werden wird. Diese rhetorischen Fragen verdeutlichen das Gefühl der Entfremdung und des Reisens ohne wirkliche Teilhabe am Leben. Die Zeilen drücken eine Sehnsucht nach Sesshaftigkeit und nach der Erfahrung von Wachstum und Blüte aus, was im direkten Kontrast zur Mobilität des Wanderns steht.

In den folgenden Strophen wird ein innerer Konflikt sichtbar. Die Gedanken werden aufgefordert, sich von der „süßen Ruhestatt“ zu lösen und sich der Realität des Wanderns zu stellen. Gleichzeitig wendet sich der Blick nach hinten, zu einem fernen, stillen Zuhause. Die Errichtung einer „Brücke“ über Berg und Tal symbolisiert den Versuch, eine Verbindung zu denjenigen und dem Ort zu bewahren, die zurückgelassen wurden. Hier zeigt sich die Ambivalenz des Reisenden zwischen der Anziehung der Freiheit und dem Wunsch nach Geborgenheit.

Die letzten Strophen sind von einer liebevollen Botschaft an „fromme Kinder“ und an eine „Freundin“ geprägt. Die Sehnsucht nach Geborgenheit und nach der Weitergabe von Freude und Segen wird in den Vordergrund gerückt. Die Wünsche nach „Himmelsfrieden“ und „süße Ruh“ sind ein Ausdruck der Hoffnung auf ein erfülltes Leben und die Teilhabe an den Freuden des Lebens, die dem Sprecher selbst verwehrt zu sein scheint. Die abschließende Widmung aller Freuden an die Freundin unterstreicht die tiefe emotionale Verbundenheit und die Sehnsucht nach Liebe und Beständigkeit.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.