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Arie

Von

Vergnügte Einsamkeit! du bist die Ruhe,
So meine stille Brust sich längst erwählet,
Was ich hier unternehm, gedenk und thue,
Das wird der Weltcensur nicht aufgestellt;
Bin ich gleich stets allein und ganz verborgen,
So bleibt mein freier Sinn doch ungekränkt:
Ich lebe höchst content und ohne Sorgen,
Weil mir die Einsamkeit Vergnügen schenkt.

Es giebt verschiedene Art von Lustbarkeiten,
So die galante Welt höchst schätzbar preist;
Doch wenn mans überlegt sinds Eitelkeiten,
Drum sag ich noch einmal: mein freier Geist
Ehrt mit gelaßnem Muth die stillen Stunden,
So das Verhängniß mir hier zugezählt,
Es wird auch in der That sonst nichts gefunden,
Das mehr Vergnügen giebt und mir gefällt.

So magst du denn o Welt, das Eitle loben,
Geh mache dir Pläsir wie dirs beliebt,
Mir ist die größte Lust noch aufgehoben,
Die dort das höchste Gut den Seelen giebt.
Ach ich verlache nur das Weltgetümmel,
Indem mein Herze sich die Losung setzt:
Mein bester Theil mein Schatz ist noch im Himmel,
Und hier ist Einsamkeit was mich ergötzt.

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Gedicht: Arie von Anna Louisa Karsch

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Arie“ von Anna Louisa Karsch preist die Vergnügen der Einsamkeit und stellt sie als eine Quelle innerer Ruhe und Zufriedenheit dar. Zu Beginn erklärt die Sprecherin, dass sie sich bewusst für die Einsamkeit entschieden hat, da sie ihr die Freiheit und Unabhängigkeit gibt, ihren Gedanken und Gefühlen nachzugehen, ohne von der Welt beurteilt zu werden. Die Einsamkeit wird hier nicht als Mangel oder Entbehrung dargestellt, sondern als eine Quelle der Freude und Erfüllung, die ihr einen „freien Sinn“ schenkt.

Die Sprecherin setzt sich kritisch mit den Vergnügungen der „galanten Welt“ auseinander, die in ihren Augen nur „Eitelkeiten“ sind. Hier zeigt sich eine ablehnende Haltung gegenüber der oberflächlichen, gesellschaftlichen Lust und dem Streben nach äußerem Ruhm und Anerkennung. Diese Vergnügungen sind flüchtig und wertlos, während die Einsamkeit eine viel tiefere und dauerhaftere Freude vermittelt. Die Sprecherin hebt hervor, dass ihre wahre Lust nicht in den weltlichen Vergnügungen zu finden ist, sondern in den stillen Momenten der Selbstgenügsamkeit und Reflexion.

Der zweite Teil des Gedichts vertieft diese Kritik an der äußeren Welt. Während die Welt das „Eitle“ preist und sich in oberflächlichen Vergnügungen verliert, findet die Sprecherin in der Einsamkeit eine wahre Quelle des Glücks. Sie sieht die „stille Stunde“ als wertvoller an als alle weltlichen Genüsse. Ihre Perspektive auf das Leben ist nicht von äußeren Erwartungen und gesellschaftlichen Normen bestimmt, sondern von einem inneren Frieden, der nur durch die Rückkehr zur eigenen Mitte erlangt werden kann.

Am Ende des Gedichts stellt die Sprecherin ihre innere Zufriedenheit in einen metaphysischen Kontext. Sie verachtet das „Weltgetümmel“ und betont, dass ihr wahres Glück im „Himmel“ – metaphorisch für eine höhere, spirituelle Erfüllung – liegt. Ihre „beste Teil“ ist im Einklang mit einer höheren Weisheit und jenseits der flimmernden Versuchungen der Welt. Hier wird die Einsamkeit nicht nur als persönliche Wahl, sondern als ein Weg zu innerer Erhebung und spiritueller Befreiung verstanden, die ihr die größte Freude und das höchste Gut verschafft.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.