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Menschliches Elende

Von

Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmertzen?
Ein Baal des falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit
Ein Schauplatz aller Angst und Widerwertigkeit
Ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kertzen

Dies Leben fleucht darvon wie ein Geschwätz und Schertzen.
Die vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid
Und in das Todten Buch der großen Sterblichkeit
Längst eingeschrieben sind; find uns auß Sinn‘ und Hertzen:

Gleich wie ein eitel Traum leicht auß der acht hinfällt
Und wie ein Strom verfleust den keine Macht auffhelt;
So muss auch unser Nahm, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden.

Was itzund Athem holt; fällt unversehns dahin;
Was nach uns kommt, wird auch der Todt ins Grab hinzihn
So werden wir verjagt gleich wie ein Rauch von Winden.

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Gedicht: Menschliches Elende von Andreas Gryphius

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Menschliches Elende“ von Andreas Gryphius ist eine eindringliche Meditation über die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens. Es steht ganz im Zeichen des barocken Vanitas-Motivs und betont die Nichtigkeit aller irdischen Dinge angesichts der unausweichlichen Endlichkeit. Schon in den ersten Versen wird das menschliche Dasein als leidvolles und trügerisches Spiel beschrieben. Gryphius verwendet starke Metaphern: Der Mensch ist ein „Wohnhaus grimmer Schmertzen“, ein Ort des Leids, aber auch ein „Irrlicht dieser Zeit“, also eine flüchtige, täuschende Erscheinung. Besonders wirkungsvoll ist der Vergleich mit schmelzendem Schnee und einer abgebrannten Kerze – beides Bilder für die rasche Vergänglichkeit des Lebens. In der zweiten Strophe vertieft sich diese Perspektive: Die Toten sind längst vergessen, und genauso schnell werden auch die Lebenden dem Vergessen anheimfallen. Die Vergänglichkeit erfasst nicht nur das Leben selbst, sondern auch „Nahm, Lob, Ehr und Ruhm“, also all das, was Menschen oft als erstrebenswert ansehen. Der Schlussvers fasst die zentrale Botschaft zusammen: Der Mensch wird vom Tod „verjagt“, wie Rauch, den der Wind verweht. Gryphius zeichnet so ein tief pessimistisches Bild der menschlichen Existenz, das die Bedeutungslosigkeit alles Weltlichen betont und an die Unausweichlichkeit des Todes erinnert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.