An das Herz
1816.
Laß legen sich die Ungeduld,
Sei stille, Herz, nur stille!
Dort oben waltet Vaters Huld,
Der neige sich dein Wille.
Was schauest du so viel herum,
Und hast so viele Worte?
Bald wird doch Alles still und stumm
An einer dunkeln Pforte.
Wir werden Alle stumm und still
In unsre Gräber ziehen,
Ob einer dort sich regen will,
Vergebens ist sein Mühen.
Laß fahren, Herz, die Ungeduld,
Zur Ruhe mußt du kommen,
Und wirf dich in die Vaterhuld,
Das einig bringt dir Frommen!
Und wenn wir dann so manches Jahr
Im stillen Grabe lagen,
Wird uns ein Morgen hell und klar
Im fernen Aufgang tagen.
Da stillt sich Durst und Ungeduld
In seinen rothen Gluten,
Da will des ew′gen Vaters Huld
In Strömen niederfluten.
Drum sei nur stille, Herz, sei still,
Bald legen sich die Wellen;
Der Alles hat und geben will,
Wird deine Nacht erhellen.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „An das Herz“ von Max von Schenkendorf, verfasst im Jahr 1816, ist eine Aufforderung zur Ruhe und zur Hingabe in die göttliche Vorsehung. Es ist ein Trost- und Ermutigungsgedicht, das sich direkt an das Herz als Sitz der Emotionen und des Lebens richtet. Der Dichter versucht, das Herz von seiner Ungeduld und seinem rastlosen Suchen zu befreien, indem er es auf die unendliche Liebe und Gnade Gottes verweist.
Die Struktur des Gedichts ist in Strophen gegliedert, die jeweils einen spezifischen Aspekt der Botschaft hervorheben. Die ersten Strophen fordern das Herz auf, still zu sein und sich der göttlichen Führung zu unterwerfen. Die Ungeduld wird als hinderlich dargestellt, während die Ruhe als Weg zur Erleuchtung und zum Frieden gepriesen wird. Es wird die Vergänglichkeit des irdischen Lebens betont, wodurch der Fokus auf die Ewigkeit und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod gelenkt wird. Die „dunkle Pforte“ und die „Gräber“ sind Metaphern für den Tod, der als unausweichlich dargestellt wird, während die „Vaterhuld“ und der „ferne Aufgang“ das Versprechen auf Erlösung und ewiges Leben verkörpern.
Schenkendorfs Sprache ist schlicht und ergreifend, was dazu dient, die Botschaft zugänglicher und tiefgründiger zu machen. Wiederholungen, wie „sei stille, Herz, nur stille“ und „stumm und still“, verstärken die zentrale Botschaft der Ruhe und des Vertrauens. Die Verwendung von Begriffen wie „Vaters Huld“, „ew′gen Vaters Huld“ und „rothen Gluten“ erzeugt Bilder von Wärme, Geborgenheit und göttlicher Liebe. Diese Bilder wirken tröstlich und sollen das Herz von seinen Ängsten und seiner Ungeduld befreien. Die poetische Qualität des Gedichts liegt in seiner Einfachheit und seiner Fähigkeit, tiefgreifende religiöse und philosophische Konzepte in leicht verständlicher Form zu vermitteln.
Das Gedicht atmet den Geist der Romantik, in der die Sehnsucht nach dem Göttlichen und die Suche nach Trost in einer von Unsicherheit geprägten Welt zentrale Themen waren. Die Betonung der Demut, des Vertrauens und der Hoffnung auf ein ewiges Leben spiegelt die religiösen Überzeugungen des Dichters wider und bietet dem Leser eine Quelle der Beruhigung und Orientierung. Die Botschaft des Gedichts ist zeitlos und spricht auch heute noch Menschen an, die nach Sinn, Trost und innerem Frieden suchen.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.