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Die Dichterin

Von

Dass du Bunte, hexenhafte Holde
Deinen Mund wie auf dich selber richtest
Und, von Haar bis Nerven wie aus Golde,
Diesen Glanz, statt ihn zu leben, dichtest!

Deiner weißen Adern Schuss, geladen
Mit nicht andrer als der Andern Spannung,
Löst sich nur zu reicher Worte Schwaden,
Ich gewinne nichts, wie in Entmannung.

Also bist du, nur an dich Geschmiegte,
Meinem Wunsche, fein berührt zu werden,
Schmerzlich, – wie der weibischen Gebärden
Übernähe, die mich sonst bekriegte…

Traumhaft bleibt die mit mir Gleichgewiegte.

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Gedicht: Die Dichterin von Alfred Wolfenstein

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Dichterin“ von Alfred Wolfenstein beleuchtet die distanzierte und fast schmerzhafte Beziehung zwischen einem Dichter und einer idealisierten weiblichen Figur. Zu Beginn beschreibt der Sprecher die „Bunte, hexenhafte Holde“, die mit einer fast magischen Präsenz und Schönheit ausgestattet ist. Ihr Mund richtet sich nicht nach außen, sondern bleibt in sich selbst gekehrt, was eine gewisse Selbstbezogenheit und Abgeschlossenheit impliziert. Ihre äußere Schönheit, von „Haar bis Nerven wie aus Golde“, wird nicht in der realen Welt gelebt, sondern in Worte gefasst – sie dichtet ihren Glanz, anstatt ihn zu erfahren.

Der Dichter empfindet, dass die „weißen Adern“ der Dichterin nur mit einer Spannung geladen sind, die sich in Worten entlädt, die ihm jedoch nichts wirkliches geben. Das Bild von „reichem Worte Schwaden“ deutet auf die Fülle von Ausdruck hin, die jedoch keine tiefere Erfüllung bringt. Die Zeile „Ich gewinne nichts, wie in Entmannung“ zeigt die Enttäuschung des Sprechers über diese unerfüllte Beziehung. Die Worte der Dichterin mögen prachtvoll sein, doch sie bleiben leer und entziehen sich einer tatsächlichen Verbindung oder Bedeutung.

In der dritten Strophe beschreibt der Sprecher seine ambivalente Beziehung zu der Dichterin. Sie ist ihm zwar „fein berührt“, doch ihre Nähe verursacht auch Schmerz – die „weibischen Gebärden“ und die „Übernähe“ wecken in ihm einen inneren Konflikt. Die Dichterin, die sich in ihrer Kunst und in sich selbst spiegelt, bleibt für ihn ein unerreichbares und schwer greifbares Wesen. Ihre Nähe ist zugleich ein Kampf, der ihn emotional belastet.

Das Gedicht endet mit einer faszinierenden, fast träumerischen Note, als der Sprecher von der Dichterin spricht, die „mit mir Gleichgewiegte“ bleibt. Die Verbindung, die hier angedeutet wird, ist eine metaphorische Gleichgewichtsstörung – ein Traum von Nähe und Verständnis, das jedoch im Bereich des Unerreichbaren bleibt. Wolfenstein fängt hier die Essenz einer unerfüllten, idealisierten Liebe ein, bei der die Kunst und das Wort der Dichterin die wahre Verbindung zwischen ihnen hindern.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.