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Augenblick des Haltens

Von

Der Zug stand still,
Noch nichts war erreicht,
Neben den Fenstern gebogen lag Feld,

Zugleich mit den Rädern war alles still,
Auch die Gier nach dem Ziel, …wir warteten leicht,
Die Sonne hielt noch eine Hälfte roten Lichts,

Vom Kupee, von der Erde mit Drähten, Wolken,
Und voneinander fühlte sich nichts…
Nur wie die stehenden Wagen nach Wagen
Durchrann uns des Dampfes dämmriges Gequill.

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Gedicht: Augenblick des Haltens von Alfred Wolfenstein

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Augenblick des Haltens“ von Alfred Wolfenstein fängt einen Moment der Ruhe und des Innehaltens in einer ansonsten hektischen und zielgerichteten Welt ein. Der Zug, der plötzlich stillsteht, wird zum Symbol für eine Unterbrechung des gewohnten Flusses – sowohl der Bewegung als auch der menschlichen Begierden. Das „Nichts war erreicht“ und der Zug „stand still“ deuten auf einen Moment des Aussetzens hin, in dem der Drang nach Fortschritt und Zielverwirklichung verweht.

Die Metapher „Neben den Fenstern gebogen lag Feld“ beschreibt die ständige Veränderung der Umgebung, die jedoch im Stillstand des Zuges eingefroren erscheint. Der Zug, der „mit den Rädern“ stillsteht, lässt alle Bewegungen, auch die innere Gier nach dem Ziel, zur Ruhe kommen. Doch in dieser Pause wird der Augenblick intensiver wahrgenommen, denn „die Sonne hielt noch eine Hälfte roten Lichts“. Das Licht des abendlichen Himmels symbolisiert eine Vergänglichkeit, die in diesem Moment eingefangen wird.

Das Bild des „Kupees“ und der „Erde mit Drähten, Wolken“ verstärkt den Eindruck der Trennung zwischen den Reisenden und ihrer Umgebung. Trotz der Nähe sind sie durch die physische Struktur des Zuges voneinander und von der Welt getrennt. Diese Distanz zeigt sich auch in der Zeile „Voneinander fühlte sich nichts“, die eine Entfremdung oder Isolation beschreibt, selbst wenn die Menschen physisch anwesend sind. Der Zug selbst, als technisches Konstrukt, sorgt für diese Trennung.

Der letzte Vers mit der Beschreibung „stehende Wagen nach Wagen / Durchrann uns des Dampfes dämmriges Gequill“ bringt die Spannung zwischen der äußeren Bewegung des Zuges und der inneren Stille des Moments zum Ausdruck. Der Dampf, der „dämmrig“ durch den Raum zieht, verweist auf eine schleichende, fast unmerkliche Veränderung, die dennoch eine tiefgreifende Wirkung auf die Wahrnehmung der Reisenden hat. In dieser Pause wird die Bedeutung des Moments und der Vergänglichkeit des Augenblicks hervorgehoben – ein Moment des Haltens inmitten der Bewegung des Lebens.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.