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Die Dämmerung

Von

Ein dicker Junge spielt mit einem Teich.
Der Wind hat sich in einem Baum gefangen.
Der Himmel sieht verbummelt aus und bleich,
Als wer ihm die Schminke ausgegangen.

Auf lange Krücken schief herabgedrückt
Und schwatzend kriechen auf dem Feld zwei Lahme.
Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt.
Ein Pferdchen stolpert über eine Dame.

An einem Fenster klebt ein fetter Mann.
Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen.
Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an.
Ein Kinderwagen schreit und Hunde fluchen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Dämmerung von Alfred Lichtenstein

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Dämmerung“ von Alfred Lichtenstein zeichnet ein Bild der Entfremdung und des Unbehagens in einer schummrigen, fast surrealen Welt. Zu Beginn wird ein „dicker Junge“ dargestellt, der mit einem Teich spielt, was eine kindliche, unschuldige Szene evoziert. Doch diese vermeintlich harmlose Handlung ist eingebettet in eine düstere Atmosphäre, da der Wind sich in einem Baum „gefangen“ hat, und der Himmel erscheint „verbummelt“ und „bleich“. Diese unklare, fast träumerische Stimmung des Himmels könnte als Symbol für den Verlust von Klarheit oder Lebenserwartung gedeutet werden.

Im weiteren Verlauf des Gedichts werden verschiedene, teils groteske Bilder präsentiert: Zwei „Lahme“ kriechen „schief herabgedrückt“ über das Feld, was die Idee der Entfremdung und das Gefühl der Schwere verstärkt. Der „blonde Dichter“, der möglicherweise verrückt wird, steht für den Künstler, der von seiner eigenen Sensibilität und Kreativität überfordert ist. Der Vers, dass ein „Pferdchen über eine Dame stolpert“, wirkt surreal und absurd, was die Grenzen zwischen Realität und Irrsinn weiter verwischt.

Lichtenstein verwebt in diesem Gedicht eine Reihe bizarrer, oft humorvoller und absurder Szenen, die den Eindruck einer Welt vermitteln, die aus den Fugen geraten ist. Ein „fetter Mann“ klebt am Fenster, während der „Jüngling“ eine „weiche Frau“ besucht, was typische Motive von Begierde und Körperlichkeit aufgreift, jedoch in einer Atmosphäre der Dämmerung und der Unbestimmtheit. Der „graue Clown“, der sich „die Stiefel anzieht“, könnte eine Metapher für das Verkleiden und Verstellen der eigenen Identität sein, während der „Kinderwagen“ schreit und „Hunde fluchen“, was eine weitere Störung der gewohnten Ordnung und ein Echo auf die chaotische Welt des Gedichts darstellt.

Das Gedicht vermittelt eine Stimmung der Unsicherheit, der Entfremdung und des Wahnsinns, die typisch für den Expressionismus ist. Lichtenstein zeigt eine Welt, die sich in einem Zustand des Übergangs befindet, zwischen Realität und Traum, Ordnung und Chaos. Die Vielzahl bizarrer, teils humorvoller Bilder trägt dazu bei, diese verzerrte Wahrnehmung der Welt zu verstärken und eine düstere, fast absurde Atmosphäre zu erzeugen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.