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Die zwei Raben

Von

Der Rabe fliegt zum Raben dort,
Der Rabe krächzt zu dem Raben das Wort:
Rabe, mein Rabe, wo finden wir
Heut unser Mahl? wer sorgte dafür?

Der Rabe dem Raben die Antwort schreit:
Ich weiß ein Mahl für uns bereit;
Unterm Unglücksbaum auf dem freien Feld
Liegt erschlagen ein guter Held.

Durch wen? weshalb? – Das weiß allein,
Der sah’s mit an, der Falke sein,
Und seine schwarze Stute zumal,
Auch seine Hausfrau, sein junges Gemahl.

Der Falke flog hinaus in den Wald;
Auf die Stute schwang der Feind sich bald;
Die Hausfrau harrt, die in Lust erbebt,
Deß nicht, der starb, nein, deß, der lebt.

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Gedicht: Die zwei Raben von Adelbert von Chamisso

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die zwei Raben“ von Adelbert von Chamisso nutzt die symbolischen Figuren der Raben, um eine düstere und mystische Erzählung zu gestalten, die sich mit Themen wie Tod, Gewalt und undurchsichtigen Motivationen auseinandersetzt. In der ersten Strophe erfahren wir von einem Dialog zwischen zwei Raben, die sich nach ihrem Mahl erkundigen. Der Rabe, der bereits eine Antwort hat, verkündet, dass unter einem „Unglücksbaum“ ein „guter Held“ erschlagen liege. Dies deutet auf ein gewaltsames Ereignis hin, das eine düstere Atmosphäre schafft.

Die zweite Strophe bringt die Hintergründe des Geschehens näher. Die Raben erfahren von der Beteiligung des Falken, der mit seiner schwarzen Stute und seiner Hausfrau in einer mysteriösen, möglicherweise auch familiär belasteten Beziehung zu dem „guten Held“ steht. Die Rolle des Falken bleibt unklar und geheimnisvoll, und es wird angedeutet, dass der „Held“ nicht einfach einem unbestimmten Unglück zum Opfer fiel, sondern in ein komplexes Netzwerk von Beziehungen und Geheimnissen verwickelt ist. Die Ungewissheit über die genauen Motive des Falken und der anderen Figuren trägt zur bedrohlichen Stimmung des Gedichts bei.

In der dritten Strophe wird die Situation noch undurchsichtiger. Es wird darauf hingewiesen, dass es nicht der „tote Held“ ist, dessen Tod Bedeutung hat, sondern der, der „lebt“ und vielleicht in einem paradoxen Zustand von Lust und Gewalt gefangen ist. Der Zusammenhang zwischen Leben und Tod wird hier als unklar und bedrohlich dargestellt, wobei der Tod des „Helden“ nur der sichtbare Teil eines tieferen, vielschichtigen Konflikts ist.

Das Gedicht ist in seiner Struktur und Symbolik so angelegt, dass es die Frage nach Schuld, Motivation und den Hintergründen menschlicher Konflikte aufwirft. Die Raben als Figuren der Weisheit oder des Wissens, die das Geschehen aus der Ferne kommentieren, führen den Leser durch ein Rätsel, das auf Gewalt und menschliche Abgründe verweist. Die ständige Andeutung von geheimen Beziehungen und unklaren Motiven verleiht dem Gedicht eine unheimliche und mystische Dimension.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.