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Mir ist zu licht zum Schlafen

Von

Mir ist zu licht zum Schlafen,
Der Tag bricht in die Nacht,
Die Seele ruht im Hafen,
Ich bin so froh verwacht!

Ich hauchte meine Seele
Im ersten Kusse aus,
Was ist’s, dass ich mich quäle,
Ob sie auch fand ein Haus!

Sie hat es wohl gefunden,
Auf ihren Lippen schön,
O welche sel’ge Stunden,
Wie ist mir so geschehn!

Was soll ich nun noch sehen,
Ach alles ist in ihr,
Was fühlen, was erflehen,
Es ward ja alles mir!

Ich habe was zu sinnen,
Ich hab‘, was mich beglückt;
In allen meinen Sinnen
Bin ich von ihr entzückt.

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Gedicht: Mir ist zu licht zum Schlafen von Achim von Arnim

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Mir ist zu licht zum Schlafen“ von Achim von Arnim beschreibt in zarten und hingebungsvollen Bildern das Erleben einer tiefen Liebeserfüllung. Im Zentrum steht das lyrische Ich, das – durch eine Liebeserfahrung verwandelt – keinen Schlaf mehr findet, weil der „Tag in die Nacht“ einbricht. Diese Umkehrung der natürlichen Ordnung symbolisiert eine seelische Erleuchtung: Die Liebe hat eine so starke Wirkung, dass sie selbst die Dunkelheit der Nacht durchbricht.

Der zweite Versabschnitt thematisiert den ersten Kuss als eine spirituelle Hingabe – das lyrische Ich haucht dabei seine Seele aus, als wäre es ein Moment der völligen Selbstaufgabe. Es stellt sich die Frage, ob diese Seele nun auch „ein Haus“, also eine bleibende Heimat beim Gegenüber, gefunden hat. Die Antwort darauf ist von zärtlicher Gewissheit getragen: Die Lippen der Geliebten werden zum Ort des Glücks, und der Moment des Kusses wird rückblickend als selige Stunde empfunden, die das ganze Wesen des Sprechers verändert hat.

Die dritte Strophe hebt hervor, dass die geliebte Person zur Welt des lyrischen Ichs geworden ist. Es gibt nichts mehr außerhalb ihrer: Weder Sehnsucht noch Hoffnung, noch ein Bedürfnis nach Sinn. Alles, was früher außerhalb lag, hat sich im Anderen erfüllt. Die Verschmelzung ist vollkommen, eine Art innerer Vollendung, die über Worte hinausgeht.

In der letzten Strophe steigert sich dieses Gefühl zur Ekstase: Alle Sinne sind von der geliebten Person durchdrungen. Das lyrische Ich muss nicht mehr suchen, nicht mehr begehren – es ist erfüllt. Dieses vollständige Aufgehen in der Liebe wird jedoch nicht als Verlust, sondern als höchste Form des Glücks beschrieben. Der Gedanke an die Geliebte ist nicht bloß Erinnerung, sondern fortwährende Quelle von Sinn und Freude.

„Mir ist zu licht zum Schlafen“ ist somit ein Gedicht über die Verwandlungskraft der Liebe. Es zeigt, wie ein einziger Moment – ein Kuss – das ganze seelische Erleben des Menschen durchdringen kann. Arnim verknüpft sinnliche und spirituelle Dimensionen der Liebe und beschreibt sie als transzendenten Zustand, in dem Nacht und Tag, Ich und Du, Inneres und Äußeres ineinanderfließen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.