Autor: Jakob van Hoddis
Nach dem Besuch des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums in Berlin, das er 1905 verließ, um einer Relegation zuvorzukommen, holte van Hoddis 1906 sein Abitur nach. Anschließend begann er ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Charlottenburg, das er jedoch 1907 abbrach, um in Jena Klassische Philologie zu studieren. Später wechselte er an die Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin und wurde Mitglied der Freien Wissenschaftlichen Vereinigung, wo er Kurt Hiller kennenlernte.
Gemeinsam mit Erwin Loewenson (Golo Gangi) gründete van Hoddis 1909 den Neuen Club in den Hackeschen Höfen und organisierte ab 1910 unter dem Namen Neopathetisches Cabaret literarische Abende. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1909 legte er sich das Pseudonym Jakob van Hoddis zu, ein Anagramm seines Nachnamens Davidsohn. Sein Werk umfasst etwa 100 Gedichte und Prosatexte, wobei viele Manuskripte verloren gingen.
Van Hoddis‘ frühe Werke zeigen Einflüsse des Jugendstils und Stefan Georges. Später entwickelte er einen eigenen Stil, der von einer beweglichen Sachlichkeit und einem kritischen Pathos geprägt war. Die Großstadt Berlin und ihre Einflüsse wurden zu einem zentralen Thema seiner Dichtung. Sein Sprachrhythmus war knapp und prägnant, wobei er Wörter bevorzugte, die Bewegung vermitteln. „Weltende“ (1911) gilt als eines seiner bedeutendsten Gedichte, in dem er das Großstadtbürgertum seiner Zeit präzise charakterisierte.
Ab 1912 verschlechterte sich van Hoddis‘ psychischer Zustand, und er musste sich in psychiatrische Behandlung begeben. Nach Aufenthalten in verschiedenen Heilanstalten und privater Pflege wurde er 1942 von den Nationalsozialisten deportiert und vermutlich im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Sein Werk spiegelt die Umbruchzeit vom Naturalismus zum Expressionismus wider und thematisiert Angst, Sinnverlust und die Wahrnehmungsveränderung der Menschen.