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Abneigung

Von

Ich presse zu Linien die lästigen Bäche
Und denk‘ die ent-ölten in ebenen Plan;
Ich hasse den Raum, ich vergöttre die Fläche,
Die Fläche ist heilig, der Raum ist profan.

Ich werde mich listig der Plastik entwinden
Und lass euch gebläht im gedunsenen Raum.
Ich denke die lieblichsten Schatten zu finden
Im gefälligen Teppich, im flächigen Traum.

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Gedicht: Abneigung von Ferdinand Hardekopf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Abneigung“ von Ferdinand Hardekopf thematisiert die bewusste Abkehr von der Räumlichkeit und Körperlichkeit zugunsten einer flächigen, zweidimensionalen Welt. Das lyrische Ich stellt den Raum als etwas Abstoßendes dar und erhebt stattdessen die Fläche zur Verehrung. Das Gedicht ist geprägt von einer modernen, fast avantgardistischen Ästhetik, die sich gegen traditionelle Formen von Raum und Volumen richtet.

Bereits in der ersten Strophe wird diese Haltung deutlich: Das lyrische Ich will die „lästigen Bäche“ zu klaren „Linien“ pressen – es strebt nach Ordnung und Abstraktion. Die organische, raumgreifende Bewegung der Bäche wird als störend empfunden. Stattdessen wird die Fläche „vergöttert“, während der Raum als „profan“ abgewertet wird. Diese Opposition verweist auf ein modernes Kunstverständnis, das sich von der Tiefe und Körperlichkeit der klassischen Kunst, etwa der Plastik, distanziert.

In der zweiten Strophe kündigt das lyrische Ich an, sich „listig der Plastik zu entwinden“. Die Plastik – als Sinnbild für dreidimensionale Kunst und Volumen – wird als überladen und „gedunsen“ beschrieben, während die Fläche und der „flächige Traum“ als idealisiert und harmonisch gelten. Auch der „Teppich“ als Ornament der Fläche wird positiv besetzt und mit „lieblichen Schatten“ in Verbindung gebracht.

Das Gedicht spiegelt somit einen avantgardistischen Impuls wider, der sich gegen das Körperliche und gegen die traditionelle Vorstellung von Raum richtet. Es betont die Schönheit der Reduktion, der Linie und der Fläche – eine Ästhetik, die sich auch im Kontext der frühen Moderne, etwa in der abstrakten Kunst oder im Konstruktivismus, verorten lässt. Dabei klingt eine Abneigung gegen das Ungeordnete und Überbordende der Natur und des dreidimensionalen Raumes an.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.