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Das Büblein auf dem Eise

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Das Büblein auf dem Eise

Gefroren hat es heuer
noch gar kein festes Eis.
Das Büblein steht am Weiher
und spricht zu sich ganz leis:
„Ich will es einmal wagen,
das Eis muß doch nun tragen.
Wer weiß!“

Das Büblein stampft und hacket
mit seinen Stiefelein.
Das Eis auf einmal knacket,
und krach! schon bricht’s hinein.
Das Büblein platscht und krabbelt,
als wie ein Krebs und zappelt
mit Arm und Bein.

„O helft, ich muß versinken
in lauter Eis und Schnee!
O helft, ich muß ertrinken
im tiefen, tiefen See!“
Wär‘ nicht ein Mann gekommen,
der sich ein Herz genommen –
o weh!

Der packt es bei dem Schopfe
und zieht es so heraus,
vom Fuße bis zum Kopfe
wie eine Wassermaus.
Das Büblein hat getropfet,
der Vater hat’s geklopfet
zu Haus.

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Gedicht: Das Büblein auf dem Eise von Friedrich Güll

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das Büblein auf dem Eise“ von Friedrich Güll erzählt in kindgerechter, fast märchenhafter Weise von der Neugier und Unvorsichtigkeit eines Jungen, der sich leichtsinnig aufs dünne Eis wagt und dabei in Gefahr gerät. Es vereint Spannung, Moral und einen versöhnlichen Ausgang in einer lebendigen, rhythmischen Sprache. Das Büblein, getrieben von Forscherdrang und Selbstüberschätzung, ignoriert die Warnzeichen und testet das Eis mit Stampfen und Hacken. Die Zeilen steigern sich in ihrer Dramatik, bis schließlich das Eis bricht und der Junge ins Wasser stürzt. Der plötzliche Umschwung von Übermut zu Hilflosigkeit zeigt die kindliche Naivität und die unerwartete Wendung der Situation. Die Rettung durch einen beherzten Mann bringt eine lehrreiche, aber humorvolle Auflösung: Der Junge wird nass, aber nicht verletzt, und bekommt zu Hause eine deutliche Lektion vom Vater. Die letzte Strophe mit dem Bild der „Wassermaus“ verleiht der Szene eine humorvolle Note, während das väterliche Klopfen wohl zugleich Strafe und Fürsorge symbolisiert. Insgesamt vermittelt das Gedicht eine klassische Moral: Unbedachtes Handeln kann gefährlich sein, doch mit Glück und Hilfe lassen sich Fehler oft noch ausbügeln.

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.