Ist gleich, seit ich dich kenne,
Fast nur ein Augenblick,
Doch, wenn ich wert dich nenne,
Nehm ich es nicht zurück.
Denn flüchtig in Sekunden
Trifft das Geschick,
Was Jahre nicht gefunden,
Gibt im Moment das Glück.
Zwar irdscher Werke Meister
Webt lebenlang am Stück,
Für Herzen und für Geister
Regiert der Augenblick.
Das Gedicht „Albumblatt“ von Franz Grillparzer thematisiert die Flüchtigkeit des Glücks und die Macht des Augenblicks. In knappen, prägnanten Versen wird ausgedrückt, dass wahre Bedeutung und Wertschätzung nicht an die Dauer einer Begegnung gebunden sind. Auch wenn das lyrische Ich die angesprochene Person erst kurz kennt, ist die empfundene Wertschätzung tief und unverrückbar.
Besonders betont wird die Unberechenbarkeit des Schicksals: Während jahrelange Suche oft ergebnislos bleibt, kann ein einziger Moment das ersehnte Glück bringen. Diese Gegenüberstellung zeigt die Vergänglichkeit menschlicher Planung und hebt die Unmittelbarkeit des Gefühls hervor.
Die letzte Strophe setzt diesen Gedanken fort: Während der Mensch für materielle Werke lange arbeiten muss, folgen Herzensangelegenheiten anderen Gesetzen. Für „Herzen und Geister“ zählt nicht die Zeit, sondern der Augenblick, der alles entscheiden kann. Damit formuliert Grillparzer eine zeitlose Wahrheit über die Natur von Liebe, Erkenntnis und Schicksal.
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