Zwei Tage, weil ich krankte…
Zwei Tage, weil ich krankte,
Sah ich euch, Blumen, nicht;
Wie viel indeß erblicken
Nicht mehr der Sonne Licht!
Als Kind schon liebte, Blumen,
Ich über alles euch:
Selbst Edelsteine schätzte
Ich nie euch, Holde, gleich.
Ich lieb′ euch, und ihr liebet,
Ob sprachlos gleich, auch mich;
Jedwede von euch siehet
Das Mädchen gern um sich.
Ein Tag wird kommen, Blumen,
Und ist vielleicht nicht fern,
Wo sich der Sonne Lichte
Schließt meines Auges Stern.
»Wo bleibet denn das Mädchen,
Das uns so gern besucht?…«
Mich aber drückt, o Blumen,
Dann schon der Erde Wucht.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Zwei Tage, weil ich krankte…“ von Elisabeth Kulmann ist eine tiefgründige Betrachtung über die Vergänglichkeit des Lebens, die durch die Liebe zu Blumen vermittelt wird. Die Erkrankung der Dichterin dient als Katalysator für eine Auseinandersetzung mit der Endlichkeit und dem Verlust, die uns allen widerfahren. Durch die vermeintliche Abwesenheit, wird die Autorin dazu gebracht, über die unaufhaltsame Reise des Lebens nachzudenken und diese mit der vergänglichen Schönheit der Blumen in Verbindung zu bringen.
Im Zentrum des Gedichts stehen die Blumen, die von der Dichterin bereits als Kind innig geliebt wurden. Ihre Zuneigung zu den Blumen übertrifft sogar die Liebe zu Edelsteinen, was die besondere Bedeutung der Blumen für sie unterstreicht. Die Blumen werden zu einer Art stillen Begleiter, die eine gegenseitige Zuneigung erfahren, obwohl sie sprachlos sind. Diese Verbindung zwischen Mensch und Natur spiegelt die tiefe Verbundenheit der Autorin mit der Welt wider. Der letzte Vers des zweiten Versabschnitts verstärkt das Gefühl der Verbundenheit zwischen dem lyrischen Ich und den Blumen, wenn diese einander Zuneigung zeigen.
Die melancholische Stimmung des Gedichts wird durch die Vorahnung des Todes verstärkt. Der vierte Versabschnitt malt ein Bild des Abschieds, in dem das Licht der Sonne, der Inbegriff des Lebens, aus den Augen der Autorin verschwinden wird. In diesem Bild wird die Endlichkeit und das bevorstehende Ende des Lebens inszeniert. Die Frage der Blumen im letzten Versabschnitt deutet auf das Weiterleben der Natur und die Abwesenheit des lyrischen Ichs hin. Während die Blumen weiterhin ihre Schönheit entfalten, wird die Dichterin von der „Erde Wucht“ erdrückt, was das Ende des Lebens und die Rückkehr zur Natur bedeutet.
Kulmann nutzt die einfachen Bilder der Blumen und die klare, schlichte Sprache, um eine universelle Thematik zu erfassen. Die Einfachheit der Sprache kontrastiert mit der Tiefe der Emotionen, die im Gedicht zum Ausdruck kommen. Die Blumen, die für Schönheit, Leben und Freude stehen, werden zu einem Spiegelbild der menschlichen Existenz, die von Geburt, Liebe und Tod geprägt ist. Das Gedicht wird dadurch zu einer nachdenklichen Betrachtung des Kreislaufs des Lebens, in der die Liebe zur Natur und die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit untrennbar miteinander verbunden sind.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.