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Die permessische Nachtigall

Von

Du willst, o sanfter Jüngling,
Dem Grame Preis dich geben,
Weil Hoffnungen dich täuschten,
Weil Freuden dich verließen?

Befrage du die Sonne,
Die ewigjunge, ob sie
Je auf der weiten Erde
Was Dauerndes beschienen.

Mit Götterarmen thürmte
Ein Riesenvolk der Vorzeit,
Als Denkmal seiner Stärke,
Dies ungeheure Werk auf;

In angestaunten Trümmern
Die Erd′ itzt weithin deckend,
Mit Busch und Baum durchwachsen,
Zeugt′s von der Menschen Ohnmacht.

Siehst du die Rieseneiche
Hier unter uns, wie eine
Gestürzte Himmelssäule,
Neun Morgen Landes decken?

Sie konnte sich der Kämpfe
Des Kadmus noch erinnern;
Sah Theben in der Wiege;
Noch jüngst mein Sitz, – da liegt sie.

Und jenes holde Mädchen,
Das meinem Liede lauschend,
Ich oft in ihrem Schatten
Gesehn; ich seh′ es nicht mehr.

Du siehest, alles Große
Und alles Schöne gehet
Im Lauf der Zeiten unter.
Selbst dieses stolze Theben,

Alcidens, Pindar′s Wiege,
Wird einst in Schutte liegen;
Und mühsam nur der Wandrer,
Wo es einst stand, entdecken.

Drum heische nichts von Dauer;
Und fromm den Göttern trauend,
Versuche nie den Schleier
Der Zukunft du zu lüften.

Freu′ dich des Wests, der deine
Hochglüh′nde Wange kühlet;
Freu′ dich der Felsenblume,
Die deinen Pfad erheitert.

Wer weiß, ob nicht schon morgen
Ein feindlich Ungeheuer,
Deß Dasein wir nicht ahnten,
Sein tödtend Gift uns zusprüht.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die permessische Nachtigall von Elisabeth Kulmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die permessische Nachtigall“ von Elisabeth Kulmann ist eine Ermahnung an einen jungen Mann, der angesichts von Enttäuschungen und dem Verlust von Freuden dem Gram verfallen zu droht. Das Gedicht präsentiert eine Betrachtung über die Vergänglichkeit aller irdischen Dinge und plädiert für die Akzeptanz des Wandels und die Wertschätzung des gegenwärtigen Moments. Kulmann nutzt eine Reihe von Bildern, um die Kürze des Lebens und die Unbeständigkeit menschlicher Errungenschaften zu verdeutlichen.

Die Autorin beginnt mit einer direkten Ansprache an den jungen Mann und stellt ihm Fragen, die ihn zum Nachdenken anregen sollen. Sie führt dann Beispiele aus der Natur und der Geschichte an, um die These der Vergänglichkeit zu untermauern. Die Sonne, die trotz ihrer Ewigkeit nichts Dauerhaftes beschienen hat, dient als Ausgangspunkt. Es folgen Bilder von beeindruckenden Bauwerken der Vergangenheit, wie sie von einem Riesenvolk errichtet wurden, die aber nun als zerfallene Trümmer von der Macht der Zeit erzählen. Die Metapher der Eiche, die einst Zeuge großer Ereignisse war, aber nun gefallen ist, verstärkt den Eindruck der Unbeständigkeit. Auch das Verschwinden eines geliebten Mädchens, das einst dem Gesang lauschte, wird als Beispiel für den Wandel und die Unvermeidlichkeit des Verlustes angeführt.

Im zweiten Teil des Gedichts richtet Kulmann den Blick auf historische Beispiele, um die Botschaft der Vergänglichkeit zu verstärken. Sie erwähnt das stolze Theben, die Geburtsstätte berühmter Persönlichkeiten, das ebenfalls dem Untergang geweiht ist. Dieser Abschnitt soll den jungen Mann davon überzeugen, dass nichts von Dauer ist und dass das Festhalten an weltlichen Dingen zu Frustration und Leid führt. Die Autorin warnt vor dem Versuch, die Zukunft zu ergründen, und rät stattdessen, im gegenwärtigen Moment die kleinen Freuden zu genießen.

Das Gedicht endet mit einer Aufforderung zur Wertschätzung des Lebens im Hier und Jetzt. Die Autorin ermutigt den jungen Mann, die einfachen Freuden des Lebens zu schätzen, wie den kühlenden Wind auf der Wange oder die Felsenblume, die den Weg erhellt. Zudem wird die Ungewissheit der Zukunft betont, indem die Möglichkeit eines unbekannten Ungeheuers angedeutet wird, das das Leben jederzeit beenden könnte. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, den gegenwärtigen Moment zu nutzen und die Freuden, die uns umgeben, zu genießen, bevor sie uns genommen werden. Somit ist das Gedicht eine Ermahnung zur Resilienz und eine Aufforderung, das Leben in all seinen Facetten anzunehmen und sich nicht von Enttäuschungen entmutigen zu lassen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.