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Rezensent

Von

Da hatt ich einen Kerl zu Gast,
Er war mir eben nicht zur Last;
Ich hatt just mein gewöhnlich Essen,
Hat sich der Kerl pumpsatt gefressen,
Zum Nachtisch, was ich gespeichert hatt.
Und kaum ist mir der Kerl so satt,
Tut ihn der Teufel zum Nachbarn führen,
Über mein Essen zu räsonieren:
„Die Supp hätt können gewürzter sein,
Der Braten brauner, firner der Wein.“
Der Tausendsackerment!
Schlagt ihn tot, den Hund! Es ist ein Rezensent!

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Gedicht: Rezensent von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Rezensent“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine bissige Satire auf Kritiker, die sich an den Werken anderer gütlich tun, nur um sie anschließend herabzusetzen. In einer humorvollen, aber scharf formulierten Szene wird ein Gast beschrieben, der sich ohne Zurückhaltung am Essen des lyrischen Ichs bedient, nur um danach darüber zu urteilen und es zu bemängeln.

Die Kritik des Gastes ist dabei nicht grundlegend zerstörerisch, sondern wirkt vielmehr kleinlich: Die Suppe hätte besser gewürzt, der Braten brauner und der Wein feiner sein können. Gerade diese pedantische Art der Kritik ist es, die das lyrische Ich empört – es geht nicht um fundamentale Mängel, sondern um ein Nörgeln um des Nörgelns willen. Die abschließende Enthüllung, dass es sich bei dem Gast um einen Rezensenten handelt, macht die Parabel deutlich: Kritiker sind wie Menschen, die sich an der Arbeit anderer nähren, nur um sie hinterher schlechtzumachen.

Die abschließende, drastische Aufforderung „„Schlagt ihn tot, den Hund! Es ist ein Rezensent!““ ist nicht wörtlich zu verstehen, sondern unterstreicht mit überzeichneter Wut Goethes Frustration über ungerechte oder überkritische Rezensionen. Das Gedicht zeigt damit auf humorvolle Weise das Spannungsverhältnis zwischen Schaffenden und Kritikern und kann als eine ironische Verteidigung der schöpferischen Arbeit gegen kleinliche Bewertung gelesen werden.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.