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Novemberlied

Von

Dem Schützen, doch dem alten nicht,
Zu dem die Sonne flieht,
Der uns ihr fernes Angesicht
Mit Wolken überzieht;

Dem Knaben sei dies Lied geweiht,
Der zwischen Rosen spielt,
Uns höret und zur rechten Zeit
Nach schönen Herzen zielt.

Durch ihn hat uns des Winters Nacht,
So häßlich sonst und rauh,
Gar manchen werten Freund gebracht
Und manche liebe Frau.

Von nun an soll sein schönes Bild
Am Sternenhimmel stehn,
Und er soll ewig, hold und mild,
Uns auf- und untergehn.

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Gedicht: Novemberlied von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Novemberlied“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine poetische Huldigung an das Sternbild des Schützen („Sagittarius“), das in den Herbst- und Wintermonaten am Himmel erscheint. Dabei wird ein Gegensatz zwischen zwei Gestalten des Schützen entworfen: dem „alten“, düsteren Winterbringer und dem „Knaben“, der spielerisch zwischen Rosen weilt und mit seinen Pfeilen Herzen trifft. Diese zweite Figur erinnert an Amor, den Liebesgott, der mit seinen Pfeilen Liebe entfacht.

Die zentrale Idee des Gedichts liegt in der Verbindung zwischen kalter Winterzeit und menschlicher Nähe. Während der Winter oft als unwirtlich und abweisend empfunden wird, bringt er hier auch etwas Gutes: durch ihn rücken Menschen enger zusammen, Freundschaften entstehen, und die Liebe findet ihren Weg. Der jugendliche Schütze wird somit zum Symbol für die unerwarteten Freuden, die auch in den dunklen Monaten existieren.

Die letzte Strophe erhebt diese Figur endgültig in den Sternenhimmel, wo sie ewig über die Menschen wacht. Der „hold und milde“ Schütze wird zu einer Konstante, die verlässlich auf- und untergeht – eine romantische Vorstellung von der zyklischen Wiederkehr der Jahreszeiten und der immerwährenden Kraft der Liebe. Damit verbindet Goethe Naturbeobachtung mit einer optimistischen Lebensphilosophie: Selbst in der dunklen Jahreszeit gibt es Licht, Wärme und Verbundenheit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.