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Heidenröslein

Von

Sah ein Knab‘ ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell es nah zu sehn,
Sah’s mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich will’s nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
’s Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihr doch kein Weh und Ach,
Mußt es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

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Gedicht: Heidenröslein von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Heidenröslein“ von Johann Wolfgang von Goethe nutzt die Metapher einer Rose, um die Unschuld und die erste Liebe eines jungen Knaben darzustellen, die gleichzeitig von Unverständnis und einer gewissen Unbarmherzigkeit geprägt ist. Im ersten Vers wird das Bild einer „jungfräulichen“ Rose auf der Heide gezeichnet, die in ihrer Schönheit und Frische von der Natur selbst geprägt ist. Der Knabe entdeckt die Rose, und seine Freude über das Entdecken des Blütenwunders steht symbolisch für den ersten Blick auf die Liebe und das Verlangen, diese zu besitzen.

Im zweiten Vers wird die Unbedachtheit des Knaben deutlich, als er entscheidet, die Rose zu brechen. Die Rose jedoch, personifiziert in ihren Worten, warnt den Knaben vor den Konsequenzen seiner Tat. Ihre Antwort ist ein Stich – ein Symbol für das Schmerzhafte, das der Besitz von etwas Unberührbarem mit sich bringen kann. Der Stich kann auch als metaphorisches Bild für das Missverständnis der ersten Liebe und die Unfähigkeit des Knaben, die Unabhängigkeit und die Integrität der Rose (und damit der Liebe) zu respektieren, gedeutet werden.

Der dritte Vers setzt das Geschehen fort, indem der Knabe trotz der Warnung weiterhin handelt. Er „bricht“ die Rose, obwohl sie sich „wehrt“, und muss dennoch das Schicksal dieser Rose akzeptieren. Das Bild der Rose, die gegen die Hand des Knaben „sticht“, ist ein weiteres Symbol für die natürliche Abwehr von etwas, das gewaltsam entnommen oder zerstört wird. Der Knabe erkennt erst zu spät, dass sein Handeln eine Konsequenz nach sich zieht, die er nicht ertragen kann. Die Rose, die sich „wehrt“ und dennoch „leiden muss“, könnte die unerfüllte Liebe und das Unverständnis der jungen Liebe symbolisieren, das nicht in den Begriffen des Knaben oder seiner Handlungen aufgehen kann.

Insgesamt thematisiert das Gedicht das Spannungsfeld zwischen Unschuld, Verlangen und den Folgen unbedachten Handelns. Die Rose steht als Symbol für die unberührte und respektierte Liebe, während der Knabe den Wunsch repräsentiert, Besitz von etwas zu erlangen, ohne die Verantwortung und die Konsequenzen seiner Handlungen zu erkennen. Das Gedicht spiegelt eine universelle Erfahrung wider: das Streben nach der Erfüllung von Wünschen und Begierden, ohne die Auswirkungen auf das, was begehrt wird, zu bedenken.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.