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Der Kölner Mummenschanz

Von

Fastnacht 1825

Da das Alter, wie wir wissen,
Nicht für Torheit helfen kann,
Wär es ein gefundner Bissen
Einem heitern alten Mann,

Daß am Rhein, dem vielbeschwommnen,
Mummenschar sich zum Gefecht
Rüstet gegen angekommnen
Feind, zu sichern altes Recht.

Auch dem Weisen fügt behäglich
Sich die Torheit wohl zur Hand,
Und so ist es gar verträglich,
Wenn er sich mit euch verband.

Selbst Erasmus ging den Spuren
Der Moria scherzend nach,
Ulrich Hutten mit Obskuren
Derbe Lanzenkiele brach.

Löblich wird ein tolles Streben,
Wenn es kurz ist und mit Sinn;
Heiterkeit zum Erdeleben
Sei dem flüchtigen Rausch Gewinn.

Häufet nur an diesem Tage
Kluger Torheit Vollgewicht,
Daß mit uns die Nachwelt sage:
Jahre sind der Lieb und Pflicht.

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Gedicht: Der Kölner Mummenschanz von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Kölner Mummenschanz“ von Johann Wolfgang von Goethe entstand anlässlich der Fastnacht 1825 und beschäftigt sich mit der Tradition des Karnevals. Goethe betrachtet das bunte Treiben mit einer Mischung aus Heiterkeit und Weisheit und zeigt, dass selbst das Alter und die Vernunft Platz für ausgelassene Freude und Narrenfreiheit lassen sollten. Der Karneval wird hier als ein symbolisches Gefecht dargestellt, in dem das „alte Recht“ gegen einen „angekommenen Feind“ verteidigt wird – möglicherweise eine Anspielung auf die Bewahrung traditioneller Bräuche gegenüber neuen gesellschaftlichen Entwicklungen.

In den mittleren Strophen verweist Goethe auf bekannte Gelehrte wie Erasmus von Rotterdam und Ulrich von Hutten, die sich in ihren Werken mit Torheit und Narrheit auseinandersetzten. Damit betont er, dass auch kluge Köpfe die Bedeutung des Narrenwesens und des zeitweiligen Ausbruchs aus der Ordnung erkannten. Das Narrenhafte wird nicht als bloße Albernheit dargestellt, sondern als wertvolle Ergänzung zur Ernsthaftigkeit des Lebens.

Die abschließenden Verse fassen die zentrale Botschaft des Gedichts zusammen: Ein ausgelassenes, aber bewusstes Feiern bereichert das Leben. Der Karneval mag ein kurzer „Rausch“ sein, doch er besitzt einen tieferen Sinn – er erinnert daran, dass Freude und Vergnügen genauso zum menschlichen Dasein gehören wie Pflichtbewusstsein und Ernsthaftigkeit. Damit setzt Goethe ein Plädoyer für das Gleichgewicht zwischen Vernunft und Lebenslust.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.