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Die Fürstengruft

Von

Da liegen sie, die stolzen Fürstentrümmer,
Ehmals die Götzen ihre Welt!
Da liegen sie, vom fürchterlichen Schimmer
Des blassen Tags erhellt!

Die alten Särge leuchten in der dunkeln
Verwesungsgruft, wie faules Holz;
Wie matt die großen Silberschilde funkeln,
Der Fürsten letzter Stolz!

Entsetzen packt den Wandrer hier am Haare,
Geußt Schauer über seine Haut,
Wo Eitelkeit, gelehnt an eine Bahre,
Aus hohlen Augen schaut.

Wie fürchterlich ist hier des Nachhalls Stimme!
Ein Zehentritt stört seine Ruh′.
Kein Wetter Gottes spricht mit lauterm Grimme:
O Mensch, wie klein bist du!

Denn ach! hier liegt der edle Fürst, der gute!
Zum Völkersegen einst gesandt,
Wie der, den Gott zur Nationenruthe
Im Zorn zusammenband.

An ihren Urnen weinen Marmorgeister;
Doch kalte Thränen nur, von Stein,
Und lachend grub, vielleicht ein welscher Meister,
Sie einst dem Marmor ein.

Da liegen Schädel mit verloschnen Blicken,
Die ehmals hoch herabgedroht,
Der Menschheit Schrecken! – denn an ihrem Nicken
Hing Leben oder Tod.

Nun ist die Hand herabgefault zum Knochen,
Die oft mit kaltem Federzug
Den Weisen, der am Thron zu laut gesprochen,
In harte Fesseln schlug.

Zum Todtenbein ist nun die Brust geworden,
Einst eingehüllt in Goldgewand,
Daran ein Stern und ein entweihter Orden,
Wie zween Kometen stand.

Vertrocknet und verschrumpft sind die Kanäle,
Drinn geiles Blut, wie Feuer floß,
Das schäumend Gift der Unschuld in die Seele,
Wie in den Körper goß.

Sprecht Höflinge, mit Ehrfurcht auf der Lippe,
Nun Schmeichelei′n ins taube Ohr! –
Beräuchert das durchlauchtige Gerippe
Mit Weihrauch, wie zuvor!

Er steht nicht auf, euch Beifall zuzulächeln,
Und wiehert keine Zoten mehr,
Damit geschminkte Zofen ihn befächeln,
Schamlos und geil, wie er.

Sie liegen nun, den eisern Schlaf zu schlafen,
Die Menschengeisseln, unbetraurt,
Im Felsengrab, verächtlicher als Sklaven,
Im Kerker eingemaurt.

Sie, die im ehrnen Busen niemals fühlten
Die Schrecken der Religion,
Und Gottgeschaffne, bessre Menschen hielten
Für Vieh, bestimmt zur Frohn;

Die das Gewissen, jenen mächt′gen Kläger,
Der niederschreibt,
Durch Trommelschlag, durch welsche Trillerschläger
Und Jagdlärm übertäubt;

Die Hunde nur und Pferd′ und fremde Dirnen
Mit Gnade lohnten, und Genie
Und Weisheit darben liessen; denn das Zürnen
Der Geister schreckte sie.

Die hegen nun in dieser Schauergrotte
Mit Staub und Würmern zugedeckt,
So stumm! so ruhmlos! noch von keinem Gotte
Ins Leben aufgeweckt.

Weckt sie nur nicht mit eurem bangen Aechzen
Ihr Schaaren, die sie arm gemacht,
Verscheucht die Raben, daß von ihrem Krächzen
Kein Wüthrich hier erwacht!

Hier klatsche nicht des armen Landmanns Peitsche,
Die Nachts das Wild vom Acker scheucht!
An diesem Gitter weile nicht der Deutsche,
Der siech vorüberkeucht!

Hier heule nicht der bleiche Waisenknabe,
Dem ein Tyrann den Vater nahm;
Nie fluche hier der Krüppel an dem Stabe,
Von fremdem Solde lahm.

Damit die Quäler nicht – zu früh erwachen,
Seyd menschlicher, erweckt sie nicht.
Ha! Früh genug wird ihnen krachen
Der Donner am Gericht.

Wo Todesengel nach Tyrannen greifen,
Wenn sie im Grimm der Richter weckt,
Und ihre Gräul zu einem Berge häufen,
Der flammend sie bedeckt.

Ihr aber, bessre Fürsten, schlummert süße
Im Nachtgewölbe dieser Gruft!
Schon wandelt euer Geist im Paradiese,
Gehüllt in Blüthenduft.

Jauchzt nur entgegen jenem großen Tage,
Der aller Fürsten Thaten wiegt,
Wie Sternenklang tönt euch des Richters Wage,
Drauf eure Tugend liegt.

Ach, unterm Lispel eurer frohen Brüder
Ihr habt sie satt und froh gemacht,
Wird eure volle Schale sinken nieder,
Wenn ihr zum Lohn erwacht.

Wie wird′s euch seyn, wenn ihr vom Sonnenthrone
Des Richters Stimme wandeln hört:
»Ihr Brüder, nehmt auf ewig hin die Krone,
Ihr seyd zu herrschen werth.«

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Gedicht: Die Fürstengruft von Christian Friedrich Daniel Schubart

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Fürstengruft“ von Christian Friedrich Daniel Schubart ist eine düstere und eindringliche Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit, dem Tod und der Ungerechtigkeit, die durch die Herrschaft von Tyrannen verursacht wurde. Das Gedicht ist in einer Reihe von Strophen aufgebaut, die jeweils verschiedene Aspekte des Themas beleuchten, von der Beschreibung der Gruft bis zur Kritik an den herrschenden Fürsten und der Hoffnung auf ein besseres Leben für die Unterdrückten.

Die erste Hälfte des Gedichts beschreibt die Gruft selbst und die Fürsten, die darin liegen. Schubart verwendet Bilder von Verwesung, Fäulnis und leuchtenden Särgen, um die Auflösung des Körpers zu verdeutlichen und die Machtlosigkeit der einst Mächtigen zu betonen. Die Metaphern wie „faules Holz“ und „verloschene Blicke“ unterstreichen die Endlichkeit des menschlichen Daseins und die Gleichheit aller vor dem Tod. Die Betonung der Eitelkeit der Fürsten und ihrer vergessenen Macht, die im Widerspruch zu ihrem einstigen Anspruch auf Herrschaft steht, erzeugt eine beklemmende Atmosphäre.

Im weiteren Verlauf des Gedichts richtet sich Schubart an die Fürsten und ihre Höflinge. Er kritisiert ihre Grausamkeit, ihren Hochmut und ihre mangelnde Empathie gegenüber dem Volk. Die Verse sind voller beißendem Spott, wie etwa in der Aufforderung an die Höflinge, die Toten mit „Weihrauch“ zu verehren. Die Verwendung von Bildern der Schamlosigkeit und der Sinnlichkeit (wie zum Beispiel „geschminkte Zofen“ und „geiles Blut“) unterstreicht die Dekadenz und Verdorbenheit der Herrschenden.

Die letzten Strophen enthalten eine Vision des Jüngsten Gerichts und der Erlösung. Schubart entwirft ein Bild von den Tyrannen, die von den „Todesengeln“ gerichtet werden und ihren Lohn für ihr böses Wirken erhalten. Gleichzeitig wird den „besseren Fürsten“ die Hoffnung auf ewiges Leben und Belohnung im Paradies in Aussicht gestellt. Dieser Kontrast zwischen Strafe und Belohnung verdeutlicht Schubarts moralische Botschaft: Die Gerechtigkeit wird am Ende siegen.

Schubarts Gedicht ist eine kraftvolle Kritik an der Macht und der Ungerechtigkeit der feudalen Gesellschaft. Durch die Verwendung von drastischen Bildern, beißendem Spott und einer Vision der Erlösung gelingt es Schubart, eine eindringliche Mahnung an die Vergänglichkeit des irdischen Ruhms und die Notwendigkeit von Gerechtigkeit und Mitgefühl zu formulieren. Das Gedicht ist ein leidenschaftliches Plädoyer für die Unterdrückten und ein Aufruf an die Mächtigen, ihre Verantwortung gegenüber dem Volk wahrzunehmen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.