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Der Mai ist gekommen

Von

Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus,
Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus;
Wie die Wolken wandern am himmlischen Zelt,
So steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.

Herr Vater, Frau Mutter, daß Gott euch behüt!
Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht!
Es gibt so manche Straße, da nimmer ich marschiert,
Es gibt so manchen Wein, den ich nimmer noch probiert.

Frisch auf drum, frisch auf im hellen Sonnenstrahl
Wohl über die Berge, wohl durch das tie e Tal!
Die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all,
Mein Herz ist wie’ne Lerche und stimmet ein mit Schall.

Und abends im Städtlein da kehr‘ ich durstig ein:
„Herr Wirt, Herr Wirt, eine Kanne blanken Wein!
Ergreife die Fiedel, du lust’ger Spielmann du,
Von meinem Schatz das Liedel sing‘ ich dazu.“

Und find‘ ich keine Herberg‘, so lieg‘ ich zu Nacht
Wohl unter blauem Himmel, die Sterne halten Wacht:
Im Winde die Linde, die rauscht mich ein gemach,
Es küsset in der Früh‘ das Morgenrot mich wach.

O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust!
Da wehet Gottes Odem so frisch in die Brust;
Da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt:
Wie bist du doch so schön, o du weite, weite Welt!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Mai ist gekommen von Emmanuel Geibel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Mai ist gekommen“ von Emmanuel Geibel ist ein fröhliches Wanderlied, das die Freude an der Natur und der Freiheit des Unterwegsseins zelebriert. Es beginnt mit einem typischen Frühlingsbild: Die Bäume schlagen aus, die Natur erwacht, und der Mai lädt dazu ein, Sorgen hinter sich zu lassen. Das lyrische Ich verspürt eine tiefe Sehnsucht nach der Ferne, nach neuen Erfahrungen und unentdeckten Wegen.

Diese Wanderlust ist nicht nur eine physische Bewegung, sondern auch eine innere Haltung: Der Reisende vertraut auf das Schicksal und hofft, sein Glück irgendwo in der weiten Welt zu finden. Das Motiv der Ungebundenheit zeigt sich besonders in der sorglosen Art, mit der er durch Täler und Städte zieht, Wein trinkt, Lieder singt und sich im Einklang mit der Natur geborgen fühlt. Der Verzicht auf feste Pläne und Sicherheit wird hier als befreiend empfunden.

Ein besonderes Element des Gedichts ist die Verklärung des Wanderns als spirituelle Erfahrung. Der Himmel, die Sterne und der Wind erscheinen als schützende Begleiter, die den Reisenden umgeben. Diese romantische Sichtweise spiegelt die Ideale der Burschenschaftsbewegung des 19. Jahrhunderts wider, in der das Wandern als Ausdruck von Freiheit, Unabhängigkeit und Naturverbundenheit galt. Die letzten Zeilen unterstreichen schließlich die überschwängliche Begeisterung für die Schönheit der Welt und das Glück des freien Herzens.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.