Der große Unbekannte
Da sprach ich keck –
ich kannte ihn ja nicht:
Du großer Unbekannter,
dein Gesicht
macht stolz und selig.
Ich preis ihn laut,
so wie man Menschen preist,
ganz ohne Scham und Scheu.
Er war zu wundervoll,
zu groß für Scheu.
Mein Lob bewölkt nicht
sein klares Angesicht.
Da erst erkannte ich
und rief erschüttert: Gott!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der große Unbekannte“ von Elisabeth Fuhrmann-Paulsen thematisiert die unerwartete Erkenntnis des Göttlichen. Das lyrische Ich beginnt mit einer unbefangenen, fast kühnen Haltung gegenüber einer geheimnisvollen Gestalt, die es zunächst nicht erkennt. Die Worte „Du großer Unbekannter“ deuten auf eine Mischung aus Bewunderung und Unwissenheit hin – eine Begegnung mit etwas Erhabenem, das zunächst als menschlich wahrgenommen wird.
Im weiteren Verlauf steigert sich die Bewunderung: Der Unbekannte erscheint dem Sprecher „zu wundervoll, zu groß für Scheu“. Diese Zeilen vermitteln eine ehrfürchtige Begeisterung, aber noch keine religiöse Erkenntnis. Die Beschreibung bleibt allgemein, fast naiv, als würde das lyrische Ich eine außergewöhnliche Person lobpreisen, ohne deren wahre Natur zu erkennen. Erst im letzten Moment geschieht die Offenbarung: Die Schönheit und Erhabenheit dieses Wesens lassen keinen Zweifel mehr zu – es ist Gott.
Die plötzliche Wendung im letzten Vers ist von starker Wirkung. Das lyrische Ich ruft „erschüttert“ aus, da die Erkenntnis zugleich erhaben und überwältigend ist. Der gesamte Text spiegelt eine spirituelle Erweckung wider, die nicht durch dogmatische Lehren, sondern durch unmittelbare Erfahrung geschieht. Die klare, schlichte Sprache unterstreicht diesen Moment der Offenbarung, der umso kraftvoller wirkt, weil er aus der Ahnungslosigkeit heraus entsteht.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.