Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , , , , , , ,

Trotz alledem!

Von

Das war ’ne heiße Märzenzeit,
Trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüten schneit,
Nun ist es kalt, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
Trotz Wien, Berlin und alledem –
Ein schnöder scharfer Winterwind
Durchfröstelt uns trotz alledem!

Das ist der Wind der Reaktion
Mit Meltau, Reif und alledem!
Das ist die Bourgeoisie am Thron –
Der annoch steht, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Blutschuld, Trug und alledem –
Er steht noch und er hudelt uns
Wie früher fast, trotz alledem!

Die Waffen, die der Sieg uns gab,
Der Sieg des Rechts trotz alledem,
Die nimmt man sacht uns wieder ab,
Samt Kraut und Lot und alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Parlament und alledem –
Wir werden unsre Büchsen los,
Soldatenwild trotz alledem!

Doch sind wir frisch und wohlgemut,
Und zagen nicht trotz alledem!
In tiefer Brust des Zornes Glut,
Die hält uns warm trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Es gilt uns gleich trotz alledem!
Wir schütteln uns: Ein garst’ger Wind,
Doch weiter nichts trotz alledem!

Denn ob der Reichstag sich blamiert
Professorhaft, trotz alledem!
Und ob der Teufel reagiert
Mit Huf und Horn und alledem –
Trotz alledem und alledem,
Trotz Dummheit, List und alledem,
Wir wissen doch: die Menschlichkeit
Behält den Sieg trotz alledem!

So füllt denn nur der Mörser Schlund
Mit Eisen, Blei und alledem:
Wir halten aus auf unserm Grund,
Wir wanken nicht trotz alledem!
Trotz alledem und alledem!
Und macht ihr’s gar, trotz alledem,
Wie zu Neapel jener Schuft:
Das hilft erst recht, trotz alledem!

Nur, was zerfällt, vertratet ihr!
Seid Kasten nur, trotz alledem!
Wir sind das Volk, die Menschheit wir,
Sind ewig drum, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem:
So kommt denn an, trotz alledem!
Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht –
Unser die Welt trotz alledem!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Trotz alledem! von Ferdinand Freiligrath

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Trotz alledem!“ von Ferdinand Freiligrath ist ein kämpferischer Aufruf zum Durchhalten angesichts politischer Rückschläge. Es entstand im Kontext der gescheiterten Revolution von 1848/49 und verarbeitet die Enttäuschung über die restaurativen Kräfte, die nach dem kurzen Frühling der Revolution wieder erstarkten. Trotz der Niederlage bleibt das lyrische Ich unerschütterlich und vertraut darauf, dass der Fortschritt letztlich siegen wird.

Freiligrath nutzt die wiederkehrende Formel „Trotz alledem!“ als Refrain, um die Widerstandskraft und den unbeugsamen Willen der Revolutionäre zu betonen. Die Naturbilder verstärken die politische Aussage: Der „heiße Märzenzeit“ des Aufbruchs folgt eine „kalte“ Phase der Reaktion, symbolisiert durch den „schnöden Winterwind“. Die „Blüten“ der Revolution werden durch Repression erstickt, doch in den Herzen der Kämpfer lodert weiter die „Glut des Zorns“.

Das Gedicht richtet sich direkt gegen die restaurative Politik der Monarchie und der Bourgeoisie, die sich mit List und Gewalt an der Macht hält. Doch das Volk, das hier als Träger der Menschlichkeit und des Fortschritts gezeichnet wird, bleibt unerschütterlich. Der Text endet mit einer optimistischen Botschaft: Trotz aller Widrigkeiten ist die Zukunft aufseiten der Freiheit und Gerechtigkeit. Freiligrath erschafft so eine kämpferische Hymne, die Mut und Entschlossenheit angesichts politischer Rückschläge vermittelt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.