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Winterlichtwende

Von

Nun hat sich neu das Licht gewendet
und täglich steigt der Sonne Kraft,
die Leben und die Liebe spendet
und alles Irdische erschafft.
In ihrem Leuchten wandelst du
dem ewig schönen Frühling zu.

Ihr goldnes Auge strahlt hernieder
und weckt den Staub zur Seligkeit.
In ihrem Feueratem wieder
entfaltet sich der Schöpfung Kleid.
Und bald umhüllt uns die Natur
im Reiz der grün verjüngten Flur.

Bedenk es, Mensch, du gleichst den Sternen,
aus Erde und aus Licht gemacht,
und liebst du nicht die blauen Fernen,
so sinkt dein Geist in finstre Nacht.
Halt fest dein Kerzlein in der Hand,
das wissend eine Welt umspannt!

Verehrend folgen wir dem Hellen
und wagen es beglückt zu sein.
Will man uns unsern Stern entstellen,
so stürzt doch nie der Glaube ein:
Einst wird die Menschheit reif zum Heil
und jeder nimmt am Himmel teil.

Ins Licht führt unser kurzes Leben.
Der schwarze Mond löscht es nicht aus.
Wenn wir uns über uns erheben,
sind wir in diesem All zu Haus –
und zeugen uns unsterblich fort
in edler Tat und freiem Wort.

Dies Dasein diene froh dem Feuer,
stolz lodre die Vernunft empor!
Erkenntnis, die uns einzig teuer,
ringt sich aus Schutt und Tod hervor.
Lichtkinder, segnen wir die Welt,
die Geist und Liebe sich erhellt.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Winterlichtwende von Herbert Eulenberg

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Winterlichtwende“ von Herbert Eulenberg thematisiert den Zyklus der Natur und verbindet ihn mit einer spirituellen und philosophischen Botschaft. Die zentrale Metapher ist die alljährliche Wiederkehr des Lichts nach der Wintersonnenwende, die nicht nur einen äußeren Wandel in der Natur markiert, sondern auch als Sinnbild für menschliche Erkenntnis und geistige Erneuerung dient. Die wachsende Kraft der Sonne steht für das Leben, die Liebe und die schöpferische Energie, die alles Irdische hervorbringt.

Die Natur erscheint als heiliges Prinzip, das durch das Licht belebt wird. Besonders die zweite Strophe betont das Motiv der Wiedergeburt: Die Sonne „weckt den Staub zur Seligkeit“, und die „grün verjüngte Flur“ verweist auf den kommenden Frühling als Zeichen neuer Lebenskraft. In dieser natürlichen Ordnung sieht das lyrische Ich auch eine Parallele zur menschlichen Existenz. Der Mensch, aus Erde und Licht geformt, steht zwischen den Sternen und dem Irdischen – seine geistige Entwicklung hängt davon ab, ob er sich dem Licht zuwendet oder in „finstre Nacht“ versinkt.

Im weiteren Verlauf wird das Licht zum Symbol für Wahrheit, Erkenntnis und spirituelle Erhebung. Der Mensch soll sich nicht von äußeren Einflüssen beirren lassen, sondern seinem inneren Glauben an das Gute und Wahre folgen. Die Idee, dass die Menschheit einst „reif zum Heil“ werde und jeder seinen Platz am Himmel finden könne, deutet auf eine optimistische Vision einer erleuchteten, geistig fortschrittlichen Welt hin.

Die abschließenden Strophen verstärken diese Botschaft: Das Leben führt ins Licht, der Tod kann es nicht auslöschen. In „edler Tat und freiem Wort“ überdauert der Mensch sich selbst. Die letzte Zeile, in der „Lichtkinder“ die Welt segnen, unterstreicht das Ideal einer Menschheit, die sich durch Vernunft und Liebe selbst erhellt. Damit verknüpft das Gedicht Naturmystik mit einem humanistischen Aufruf zur Erkenntnis und Selbstverwirklichung.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.