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Zur Unzeit

Von

Ich wollte, wie gerne, dich herzen,
Dich wiegen in meinem Arm,
Dich drücken an meinem Herzen,
Dich hegen so traut und so warm.

Man verscheuchet mit Rauch die Fliegen,
Mit Verdrießlichkeit wohl den Mann;
Und wollt ich an dich mich schmiegen,
Ich täte nicht weise daran.

Wohl zieht vom strengen Norden
Ein trübes Gewölk herauf,
Ich bin ganz stille geworden,
Ich schlage die Augen nicht auf.

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Gedicht: Zur Unzeit von Adelbert Chamisso

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zur Unzeit“ von Adelbert Chamisso offenbart eine tiefe Sehnsucht, die durch äußere Umstände und innere Zurückhaltung gedämpft wird. Der Dichter drückt den Wunsch aus, eine geliebte Person zu umarmen und zu beschützen, ein Gefühl der Nähe und Wärme zu erfahren. Doch dieser Wunsch wird durch eine Erkenntnis konterkariert: Die Zeit für diese Zuneigung ist nicht reif.

Die zweite Strophe illustriert die Gründe für diese Zurückhaltung. Chamisso vergleicht seine Situation mit dem Vertreiben von Fliegen, indem er die potenzielle Wirkung seines Zuneigungsbekundens auf die geliebte Person als nachteilig darstellt. Er befürchtet, durch sein Handeln – das „Schmiegen“ – Unmut auszulösen. Diese Zeilen deuten auf eine komplexe emotionale Konstellation hin, in der die Angst vor Ablehnung oder unerwünschter Reaktion die natürliche Sehnsucht überlagert.

Die abschließende dritte Strophe verstärkt das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und des Rückzugs. Das Aufziehen dunkler Wolken aus dem Norden wird als Metapher für eine düstere, ungünstige Stimmung interpretiert. Die Stille und das Vermeiden von Blickkontakt signalisieren Resignation und den Versuch, sich den widrigen Umständen anzupassen. Der Dichter zieht sich zurück, vielleicht aus Respekt vor den Gefühlen der anderen Person oder aus Furcht vor den Konsequenzen seiner eigenen Sehnsucht.

Insgesamt ist „Zur Unzeit“ ein melancholisches Gedicht, das die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Nähe und den Hindernissen, die einer solchen Annäherung entgegenstehen, zum Ausdruck bringt. Es reflektiert die Komplexität menschlicher Beziehungen und die Notwendigkeit, eigene Gefühle im Kontext der jeweiligen Situation zu betrachten und zu kontrollieren. Die Zurückhaltung des Dichters, die als „unweise“ bezeichnet wird, deutet darauf hin, dass er sich der Unmöglichkeit bewusst ist, seine Sehnsucht zu befriedigen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.