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Apassionata
Du hast durch Deinen Kuß
Mein stromvoll Blut geweckt
Und mein Gesicht warm aufgehoben aus dem Tag,
Daß mich nun uferlose große Nacht umspült,
Herwehend Glanz und Taumel.
Einwiegend Zittern schwillt in meiner Füße Wurzeln,
Einströmen lassend Erde und Getön,
Und springt aus meiner Kniee Schreiten in die Brust
Zu meerbewegter Melodie,
Darin mein Herz, die Orgel rauscht.
Nun sich im Takte meine Sohlen heben
Und grenzenlos beseeltes Schweben
Die Glieder übergießt:
Hab ich die Arme aufgehoben,
Und fühl, wie meiner aufgelockten Haare Schopf
Die nachtbemalten Wolken streift,
Sternblütenkranz die Stirn umgreift,
Und tanze, tanze zu Dir hin!
Denn meiner segelwilden Sehnsucht Schauer,
All meiner Einsamkeiten Trauer,
Mein hin und her durchflutet Sein,
Und nun des selgen Leibes neue Lust:
Stürmt fort und fort an Deine Brust,
Will nur in Dir geborgen sein.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Apassionata“ von Gerrit Engelke ist ein leidenschaftlicher Ausdruck ekstatischer Liebe und Sehnsucht. Der Titel, der an Beethovens berühmte Sonate erinnert, verweist auf eine überwältigende, fast musikalische Intensität der Gefühle. Die Sinnlichkeit des Gedichts zeigt sich besonders in den Bildern körperlicher Erregung, die durch den Kuss der geliebten Person ausgelöst wird. Das lyrische Ich wird aus dem gewohnten Tagesbewusstsein herausgerissen und von einer „uferlosen großen Nacht“ umspült, die sowohl als Metapher für Hingabe als auch für den Verlust der eigenen Grenzen gelesen werden kann.
Die Sprache des Gedichts ist von dynamischen Bewegungen und musikalischen Motiven durchzogen. Die körperlichen Empfindungen – das Zittern der Füße, das Strömen der Erde, das Rauschen der Orgel – verschmelzen zu einem ekstatischen Tanz, der Ausdruck völliger Auflösung in der Leidenschaft ist. Besonders eindrucksvoll ist das Bild des „meerbewegten Melodie“, das die emotionale Wucht und rhythmische Intensität der Empfindungen unterstreicht. Die Natur wird in den ekstatischen Zustand des lyrischen Ichs einbezogen, etwa wenn die „nachtbemalten Wolken“ und der „Sternblütenkranz“ seine Bewegung begleiten.
Der Höhepunkt des Gedichts liegt in der unbändigen Sehnsucht nach Verschmelzung mit dem geliebten Du. Die vorher empfundene Einsamkeit und das ruhelose „hin und her durchflutet Sein“ münden in den unaufhaltsamen Drang, sich in der Umarmung des Anderen aufzulösen. Die Sprache steigert sich in Bildern von Sturm und Bewegung, die schließlich in einem existenziellen Bedürfnis nach Geborgenheit gipfeln: „Will nur in Dir geborgen sein.“ Das Gedicht zeugt damit von einer leidenschaftlichen, beinahe rauschhaften Liebe, in der das Individuum sich selbst transzendiert und in einer höheren Einheit mit dem geliebten Menschen aufgehen möchte.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.